Umwelt

Ostsee: „Todeszonen“ wachsen trotz Schutzmaßnahmen

Sauerstoffarme Bereiche in der Ostsee nehmen durch den Klimawandel weiter zu

Ostsee: Sieht von oben noch ganz gesund aus, in der Tiefe aber breiten sich sauerstoffarme Zonen aus © J. Steffen/ GEOMAR

Klimawandel torpediert Schutzmaßnahmen: Die sauerstoffarmen „Todeszonen“ am Grund der Ostsee breiten sich trotz umfassender Schatzmaßnahmen weiter aus. Zwar sind die Einleitungen von nährstoffreichen Abwässern seit den 1980er Jahren zurückgegangen, die Erwärmung des Meeres macht diese positive Entwicklung aber zunichte, wie deutsche Meeresforscher jetzt festgestellt haben.

Vor der Eckernförder Bucht in Schleswig-Holstein liegt ein Schatz. Dabei handelt es sich aber nicht um Truhen voller Silber und Gold, sondern um einen einmaligen wissenschaftlichen Datensatz. Seit 1957 wird hier an der Zeitserienstation Boknis Eck der Zustand der Ostsee gemessen. Jeden Monat sammelt die Station Umweltparameter wie Sauerstoffgehalt und Temperatur des Wassers, Salzgehalt und Nährstoffkonzentrationen.

Sauerstoffmangel in der Tiefe

Diese Daten haben Wissenschaftler vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und nun genutzt, um zu ermitteln, wie stark Umweltverschmutzung und Klimawandel der Ostsee zusetzen – und ob die Schutzmaßnahmen greifen. Denn am Grund der Ostsee wird sehr schnell der Sauerstoff knapp. Weil frisches salzhaltiges und sauerstoffreiches Wasser nur aus der Nordsee hereinkommen kann und die Schichtung der Ostsee sehr stabil ist, gibt es ausgedehnte sauerstofffreie „Todeszonen“ am Meeresgrund.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert verschärfte sich das Problem massiv, weil die Anrainerstaaten große Mengen an landwirtschaftlichen Dünger und Abwässer einleiteten. „Das bedeutete ein Überangebot an Nährstoffen, Algen konnten sich stark vermehren“, erklärt Erstautorin Sinikka Lennartz. Diese jedoch werden nach ihrem Tod am Meeresgrund von Bakterien zersetzt und diese zehren Sauerstoff.

Probennahme in Boknis Eck © J. Steffen/ GEOMAR

Überdüngung verringert, aber…

Um eine Ausbreitung dieser „Todeszonen“ zu verhindern, einigten sich Mitte der 1980er Jahre die Ostseeanrainer auf einen besseren Schutz des Meeres. Immer mehr Kläranlagen wurden gebaut, die Abwässer reinigen. Der Einsatz von Düngemittel in der Landwirtschaft ging zurück. „Den Trend können wir in Boknis Eck eindeutig nachweisen. Seit Ende der 1980er Jahre geht die Konzentration an Nährstoffen zurück“, sagt Hermann Bange vom GEOMAR.

Die Hoffnung, dass damit auch wieder mehr Sauerstoff in den unteren Wasserschichten zur Verfügung stehen würde, erfüllt sich jedoch nicht. „Der Sauerstofftrend geht weiterhin deutlich nach unten“, erklärt Lennartz, „das heißt, wir sehen in Boknis Eck immer mehr Zeiten in denen unterhalb von 20 Metern kein Sauerstoff mehr messbar ist.“

Erwärmung fördert Sauerstoff-Zehrung

Eine mögliche Erklärung fanden die Wissenschaftler in den Wassertemperaturen. „An Boknis Eck sind sie im Spätsommer am Boden durchschnittlich um 0,4 Grad pro Jahrzehnt gestiegen. Höhere Temperaturen bedeuten aber auch einen effizienteren Abbau von Biomasse, wobei vermehrt Sauerstoff verbraucht wird“, betont Bange.

Die Daten legen also den Schluss nahe, dass der allgemeine Klimawandel mit steigenden Wassertemperaturen die Maßnahmen zum Schutz der Ostsee neutralisiert. „Trotzdem sollten die Anrainer in ihren Anstrengungen natürlich nicht nachlassen. Bei steigenden Temperaturen würde die Ostsee noch viel schneller umkippen, wenn wir wieder mehr Abwässer einleiten würden“, erklärt Meereschemiker Bange. (Biogeosciences, 2014; doi: 10.5194/bg-11-6323-2014)

(GEOMAR, 01.12.2014 – NPO)

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