Mehr oder weniger? Den Unterschied zwischen zwei verschiedenen Mengen von Futterstücken können Wölfe besser nachvollziehen als Hunde: Sie wählen zuverlässiger die größere Portion, auch wenn sie beide nur einzeln zu sehen bekommen, wie ein Experiment österreichischer Forscherinnen zeigt. Grund dafür könnte der Mensch sein: Für die domestizierten Haustiere ist der genaue Blick aufs Futter nicht mehr nötig.
Für soziale Lebewesen, egal ob Mensch oder Tier, ist ein Sinn für Mengenverhältnisse wichtig. Sei es um die Futtermenge oder die Größe einer Gruppe feindlicher Tiere abzuschätzen – ein gewisses numerisches Vorstellungsvermögen ist entscheidend. Löwen, Schimpansen und Hyänen wehren sich beispielsweise nur dann gegen eine Gruppe von Angreifern, wenn sie selbst in der Mehrzahl sind.
Friederike Range und ihre Kolleginnen von der Veterinärmedizinischen Universität Wien hatten bereits in einer früheren Studie festgestellt, dass Wölfe den Unterschied zwischen zwei Futtermengen recht gut erkennen können. Nun wollten sie wissen, ob dies auch bei Hunden der Fall ist oder ob diese die Fähigkeit vielleicht im Laufe der Domestizierung verloren haben.
Gesamtmenge nie zu sehen
Dazu testeten die Forscherinnen 13 Mischlingshunde, die in mehreren Rudeln im Wolf Science Center in Ernstbrunn leben. Die Hunde wuchsen dort genauso auf, wie die Wölfe der vorherigen Studie gehalten wurden. Im Experiment bekamen die Hunde nacheinander einzelne Käsestücke zu sehen, die die Wissenschaftlerinnen dann gleich in einer von zwei undurchsichtigen Röhren verschwinden ließen. Die Hunde sollten anschließend unterscheiden, in welcher Röhre mehr Käse gelandet war: rechts oder links? Wählten sie die richtige Röhre, erhielten sie die enthaltenen Käsestücke als Belohnung.