Neurobiologie

Dicke Kinder lieben Süßes mehr

Belohnungssystem übergewichtiger Kinder reagiert stärker auf Zucker als bei normalgewichtigen

Süßes Naschwerk ist gerade zu Weihnachten eine große Versuchung © freeimages

Weihnachtszeit ist Süßigkeitenzeit, wie alle lassen uns von Lebkuchen, Schokolade oder Plätzchen nur zu gern zum Naschen verführen. Wenn übergewichtige Kinder jedoch Süßes essen, dann reagiert ihr Gehirn anders darauf als das von normalgewichtigen: Einige Hirnbereiche leuchten förmlich auf, wie US-Forscher herausfanden. Das könnte erklären, warum es diesen Kindern besonders schwer fällt, auf Süßigkeiten zu verzichten: Der Zucker löst bei ihnen ein besonders starkes Wohlgefühl aus – und das erschwert den Verzicht.

Schon 15 Prozent der Schulkinder in Deutschland gelten als übergewichtig, sechs Prozent sind sogar fettleibig. Darunter leidet nicht nur die Gesundheit der Kinder, sie haben es auch in der Schule schwerer. Doch gerade übergewichtigen Kindern fällt es ungemein schwer, auf Süßigkeiten und Junkfood zu verzichten. Warum das so ist, könnte jetzt die Studie von Kerri Boutelle von der University of California in San Diego erklären.

Für ihre Studie hatten die Forscher 23 acht- bis zwölfjährige Kinder einem Hirnscan unterzogen, während diese einen Löffel mit Zuckerwasser zu sich nahmen. Die Kinder sollten dabei die Zuckerlösung eine Zeitlang im Mund umherbewegen und sich dabei ganz auf den Geschmack konzentrieren. Rund die Hälfte der kleinen Probanden war übergewichtig, der Rest hatte ein normales Körpergewicht.

Verstärkte Reaktion im Belohnungssystem

Die Hirnscans zeigten, dass bei den übergewichtigen Kindern zwei Hirnregionen deutlich aktiver waren als bei ihren normalgewichtigen Altersgenossen: Beim Schmecken des Zuckers feuerten Insula und Amygdala besonders stark, beides Areale, die mit Wahrnehmung, Emotionen, Geschmack und dem Belohnungssystem verknüpft sind.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass das Gehirn übergewichtiger Kinder stärker auf Zucker reagiert“, sagt Boutelle. Das sei das erste Mal, dass man diese Überreaktion des Belohnungssystems bei Kindern dokumentiere. „Das wir diese Unterschiede schon bei Achtjährigen sehen können, ist der erstaunlichste und gleichzeitig medizinisch bedeutendste Teil der Studie“, so die Forscherin.

„Weckruf“ an alle Eltern

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass übergewichtige Kinder ein besonders starkes Wohlgefühl und Gefühl der Befriedigung verspüren, wenn sie Süßes essen. Dieser erhöhte Belohnungseffekt könnte dann wiederum dazu führen, dass sie ein verstärktes Verlangen nach allem Süßen haben und quasi stärker unter „Entzug“ leiden. Ob diese stärkere Reaktion auf Süßes erst durch einen hohen Zuckerkonsum in der Kindheit entsteht und damit ein Effekt der Gewöhnung ist, oder aber ob die Kinder von Natur aus stärker auf Zucker reagieren, ist noch unklar.

„Die Studie ist aber in jedem Falle ein Weckruf, dass eine Prävention hier gar nicht früh genug beginnen kann“, betont Boutelle. Denn egal ob Kinder schon mit einer Überreaktion auf Süßes geboren werden oder aber sich schneller daran gewöhnen – in jedem Falle sollten Eltern früh damit beginnen, ihre Kinder möglichst gesund und weniger zuckerreich zu ernähren. (International Journal of Obesity, 2014; doi: 10.1038/ijo.2014.206)

(University of California – San Diego, 23.12.2014 – NPO)

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