Blinde Passagiere: Wer in diesen Tagen in ein Flugzeug steigt, hat achtbeinige Gesellschaft. Denn mit den Menschen reisen auch jede Menge Milben mit. Dank des modernen Verkehrsmittels gibt es einen regen Austausch der winzigen Achtbeiner selbst über Kontinente hinweg, wie eine genetische Studie belegt. Hausstaubmilben in Pakistan und den USA stehen demnach immer wieder in einem genetischen Austausch – per Flugzeug.
Milben sind überall: Die winzigen Spinnentiere haben so gut wie alle Lebensräume der Erde erobert und besiedeln auch unsere Wohnungen, Kleidung und sogar Haut. Bei Allergikern besonders unbeliebt sind dabei die Hausstaubmilben, deren Kot allergische Reaktionen wie Schnupfen, Husten und entzündete Augen auslösen kann. Selbst in den saubersten Umgebungen leben diese Milben der Gattung Dermatophagoides meist weitgehend unentdeckt.
Gen- und Allergen-Vergleich
Dass die winzigen Spinnentiere uns auch begleiten, wenn wir reisen und in welchem Maße sie für ihre Verbreitung von unseren Transportmitteln profitieren, darauf deutet nun eine Studie von Pavel Klimov von der University of Michigan in Ann Arbour und seinen Kollegen hin. Die Forscher hatten für ihre Studie das Erbgut von Hausstaubmilben in den USA und in Pakistan verglichen. In beiden Regionen sind eng verwandte, aber unterschiedliche Arten von Milben verbreitet.
Besonderes Augenmerk legten die Forscher dabei auf die Gene, die Bauanleitung für Allergene der sogenannten Gruppe 1 enthielten. Diese Proteine rufen die allergischen Reaktionen hervor und sind auch wichtiger Bestandteil der klassischen Tests auf eine Hausstauballergie. „Polymorphismen in den Gruppe 1 Allergenen in verschiedenen geografischen Regionen könnten die Effizienz von Allergietests und –therapien beeinträchtigen“, erklärt Klimov. Daher sei es wichtig, diese möglichen Unterschiede zu kennen.
Milben-Austausch über Kontinente hinweg
Tatsächlich fanden die Forscher im Erbgut beider Arten unterschiedliche Mutationen und Gene dieses allergenkomplexes. Die meisten allerdings waren inaktiv. Zu ihrer Überraschung gab es aber auch erstaunliche Übereinstimmungen: Einige Mutationen tauchen bei beiden Arten auf und sind nicht unabhängig voneinander entstanden. Für die Forscher ist dies ein Hinweis darauf, dass die Arten trotz ihrer weiten Entfernung in Kontakt standen und noch stehen könnten.
„Was wir gefunden haben deutet darauf hin, dass Milbenpopulationen durch Migration über Kontinente hinweg miteinander verbunden sind“, sagt Koautor Rubaba Hamid von der Universität Rawalpindi. „Jedes Mal wenn eine Milbe erfolgreich an einen neuen Ort gelangt, bringt sie ihre eigene genetische Signatur mit, die dann noch lange danach in der dortigen Milbenpopulation nachgewiesen werden kann.“
Bequeme Mitreise im Flugzeug
Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Hausstaubmilben für ihre Weltreisen das gleiche Verkehrsmittel benutzen wie wir: das Flugzeug. „Den meisten Menschen ist nicht klar, dass sie das Flugzeug mit Myriaden von mikroskopisch kleinen Mitreisenden teilen“, sagt Klimov. „Die winzigen Passagiere, darunter auch Milben, nutzen den technologischen Fortschritt des Menschen zu ihrem eigenen Vorteil.“
Die Milben sitzen in der Kleidung und am Gepäck der Passagiere und gelangen so als blinde Passagiere selbst an die entferntesten Orte. Gerade jetzt zu Weihnachten und über den Jahreswechsel ist daher auch für die Milben beste Reisezeit. Denn über die Feiertage fahren und fliegen besonders viele Menschen durch die Welt, um ihre Familie oder Freunde zu besuchen. (PloS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0114636)
(University of Michigan, 30.12.2014 – NPO)