Teufelszeug oder ungefährlich? Über Paracetamol und Ibuprofen kursieren immer wieder Schauergeschichten von Abhängigkeit und schweren Nebenwirkungen. Frei erhältliche Schmerzmittel dieser Art seien aber völlig unbedenklich, beruhigen Mediziner. Dies gilt allerdings mit Einschränkungen: Die Medikamente dürfen unter keinen Umständen überdosiert oder über einen langen Zeitraum geschluckt werden, und auch bei Kindern ist Vorsicht nötig.
Frei verkäuflicheSchmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen und Acetylsalicylsäure (ASS) befreien viele Menschen von Kopfschmerzen und ähnlichen Beschwerden und machen ihnen das Leben angenehmer. Immer wieder tauchen aber auch Berichte auf, dass diese einfach erhältlichen Medikamente auch gefährliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Mögliche Leber- und Nierenschäden, Magenprobleme, oder höhere Ansteckungsgefahr verunsichern dann viele Menschen und auch einige Ärzte.
Dosierangaben unbedingt einhalten
Das verbreitete Mittel Paracetamol wurde in solchen Berichten bereits als einer der gefährlichsten Wirkstoffe im täglichen Gebrauch bezeichnet. Diese Einschätzung sei unbegründet, erläutert Stefanie Förderreuther von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG): „Hält man sich an die Dosierangaben der Hersteller und vermeidet die häufige Einnahme, kann man unbesorgt sein.“
Gefahr bestehe dagegen tatsächlich, wenn man das Paracetamol in weit höheren Dosierungen als empfohlen einnimmt, warnt die Expertin: Zwölf Tabletten von je 500 Milligramm an einem Tag führen bei Erwachsenen zu schweren Leberschäden. Nierenschädigend ist das Schmerzmittel bei ordnungsgemäßer Einnahme dagegen nicht, dies galt nur für einen Vorläufer, das nicht mehr erhältliche Phenacetin.
Weniger bekannt ist, dass Paracetamol bei Kindern langsamer abgebaut und aus dem Körper ausgeschieden wird. Sollen Kinder das Schmerzmittel daher wiederholt einnehmen, so ist dabei besondere Vorsicht nötig. Kein höheres Risiko besteht nach Ansicht der Mediziner hingegen bei der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft. Mehrere Studien hatten in der jüngeren Vergangenheit auf ein mögliches Risiko für Asthma, Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Hodenhochstand hingewiesen. Die europäischen Zulassungsbehörden sehen jedoch eine Vielzahl von anderen möglichen Risikofaktoren und ordnen solche Entwicklungsstörungen nicht dem Paracetamol zu. Sie bezeichnen Paracetamol daher in allen Stadien der Schwangerschaft als sicher.
Geringeres Risiko bei Mischpräparaten
Die bekannten Mittel ASS, Ibuprofen und Diclofenac gehören zu einer anderen Gruppe häufig eingesetzter Schmerzmittel: Sie sind Hemmstoffe der Cyclo-Oxygenase. Dieses Enzym produziert Botenstoffe, die im Nervensystem Schmerzen übermitteln. Bei diesen Mitteln sind einige Nebenwirkungen bekannt: Sie können den Magen und den Dünndarm schädigen und auch die Blutplättchen beeinträchtigen. Durch letzteres entsteht ein höheres Blutungsrisiko, und der Blutdruck kann steigen. Diese Nebenwirkungen verstärken sich bei höherer Dosis, treten aber nur nach anhaltendem Gebrauch auf.
Die dritte Gruppe von frei verkäuflichen Schmerzmitteln, die wiederholt mit Nebenwirkungen in Verbindung gebracht wurde, sind die Mischpräparate. In diesen Tabletten sind meistens Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS) und Koffein miteinander kombiniert. Dadurch, so befürchten viele Menschen, könnten sie schneller abhängig machen. Außerdem besteht die Sorge, die kombinierten Substanzen könnten in der Summe auch mehr Nebenwirkungen erzeugen. Dabei ist gerade ein Vorteil der Kombinationspräparate, dass die einzelnen Wirkstoffe deutlich niedriger dosiert werden können. Dadurch fallen auch die dosis-abhängigen Risiken der Einzelsubstanzen niedriger aus.
Regelmäßige Einnahme ist gefährlich
Koffein selbst ist eine in der Gesellschaft weit verbreitete Substanz: Schon eine Tasse Kaffee enthält höhere Koffeinmengen als eine Tablette eines Kombinationspräparates. Darüber hinaus hat Koffein eine eigene schmerzlindernde Wirkung und möglicherweise sogar schützende Wirkungen vor der Entwicklung von Diabetes mellitus und Parkinson.
Wer sich allerdings regelmäßig und über einen längeren Zeitraum auf frei erhältliche Schmerzmittel jeder Art verlässt, dem droht ein ernstes Risiko: Durch Gewöhnungseffekte können bestehende Kopfschmerzen chronisch werden. Unter Umständen lassen sie sich dann auch nicht mehr mit den eigentlich ungefährlichen Mitteln bekämpfen. Die DMKG warnt deshalb eindrücklich vor unsachgemäßem Gebrauch von Schmerzmitteln. Wer sich häufig darauf angewiesen fühlt, sollte sich in den Leitlinien der DMKG zur Selbstmedikation informieren und mit einem Arzt sprechen.
(Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, 18.02.2015 – AKR)