Autismus durch Bisphenol A? Mediziner haben einen Zusammenhang mit dem unter anderem in Plastikflaschen verbreiteten Kunststoff-Zusatz bei autistischen Kindern entdeckt. Zumindest bei einigen Kindern mit Autismus soll der Stoffwechsel durch diesen Stoff anders sein als bei gesunden Kindern. Bisphenol A steht schon länger im Verdacht, Autismus zu fördern – belegen ließ sich dies jedoch bislang nicht.
Der Zusatzstoff Bisphenol A (BPA) ist mehr und mehr umstritten. Der in zahlreichen Kunststoffprodukten eingesetzte Weichmacher-Zusatz wirkt ähnlich wie das weibliche Geschlechtshormon Östrogen. Als sogenanntes Umwelthormon kann BPA daher im Körper einiges durcheinander bringen: Zu den befürchteten Folgen gehören Übergewicht, Unfruchtbarkeit bei Männern, Krebs sowie neurologische Schäden und eine gestörte Entwicklung besonders bei Kindern. In Babyfläschchen aus Kunststoff beispielsweise darf BPA deshalb in Deutschland nicht mehr enthalten sein.
Bislang keine direkten Beweise
Einen weiteren bislang nur verdächtigten Punkt auf dieser düsteren Liste möglicher Schäden durch Bisphenol A haben Mediziner um Peter Stein von der Rowan University in New Jersey nun bestätigt: „Viele Jahre wurde befürchtet, dass BPA bei Autismus eine Rolle spielt, aber es gab keine direkten Beweise“, sagt Stein. Um einen Zusammenhang nachzuweisen, untersuchten die Wissenschaftler Urinproben von 46 Kindern mit Autismus und 52 gesunden Kindern.
BPA selbst ist nur wenig wasserlöslich und reichert sich daher im Fettgewebe an. Durch den Stoffwechsel in der Leber wird es jedoch mit Glukose verknüpft, und diese Verbindung löst sich auch in Wasser. Dieser Mechanismus ist einer der Hauptwege, auf denen der Körper Schadstoffe mit dem Urin ausscheiden kann. In den Proben bestimmten die Forscher sowohl die Menge an freiem BPA als auch an mit Glukose verbundenem.
Stoffwechsel unterscheidet sich in autistischen Kindern
Die statistische Auswertung der gefundenen BPA-Konzentrationen zeigte ein deutliches Ergebnis: Von den Proben der Kinder mit Autismus lagen 20 Prozent im oberen Zehntel der gesamten Verteilung. Die autistischen Kinder schieden also im Schnitt deutlich mehr BPA aus als die Kinder der Kontrollgruppe. Eine Analyse der ausgeschiedenen Stoffwechselprodukte untermauerte den Unterschied: „Wir haben einen Zusammenhang gezeigt“, erklärt Stein. „Der BPA-Stoffwechsel unterscheidet sich in einigen Kindern mit Autismus von dem in ansonsten gesunden Kindern.“
Mehrere Studien haben die schädlichen Effekte von BPA bereits in Tierversuchen bestätigt, doch „unsere Studie ist die erste, die dies in Menschen zeigt, und die erste, die es mit Autismus verbindet“, sagt Stein. Der Wissenschaftler verweist jedoch auf die relativ geringe Zahl der untersuchten Proben. Er betont aber, dass die Ergebnisse die Tür zu weiterer Forschung in diesem Bereich öffnen. Eine Schlussfolgerung sei aber bereits, dass für schwangere Frauen und Kinder mit Autismus die Menge an BPA, denen sie ausgesetzt sind, reduziert werden sollte. (Autism Research, 2015; doi: 10.1002/aur.1444)
(Rowan University, 03.03.2015 – AKR)