Unter dem Eis des Enceladus könnte es hydrothermale Schlote geben – Unterwassergeysire, aus denen heißes Wasser vom Gesteinskern in den subglazialen Ozean aufsteigt. Denn Messungen deuten darauf hin, dass es am Grund dieses Ozeans fast kochend heiß und alkalisch ist. Enceladus wäre damit der erste Himmelskörper außer der Erde, von dem solche hydrothermalen Schlote bekannt sind – und dort könnten sogar lebensfreundliche Bedingungen herrschen, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Fontänen aus Eis und Wasserdampf, ein subglazialer Ozean, der von Gezeitenkräften aufgeheizt wird – der nur gut 500 Kilometer große Saturnmond Enceladus hat in den letzten Jahren für einige Überraschungen gesorgt. Klar scheint, dass es unter der 30 bis 40 Kilometer dicken Eiskruste des Mondsüdpols ein rund zehn Kilometer mächtiges Wasserreservoir gibt. Welche Bedingungen dort herrschen, war jedoch bisher unklar.
Verräterische Staubkörnchen
Hsiang-Wen Hsu von der University of Colorado in Boulder und seine Kollegen haben nun einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um mehr über das Innenleben von Enceladus zu erfahren: Sie werteten Daten über winzige Staubkörnchen aus dem E-Ring des Saturn aus, die die NASA-Sonde Cassini gesammelt hatte. Schon länger ist bekannt, dass dieser Ring vorwiegend von Partikeln des Enceladus gespeist wird.
Wie die Cassini-Daten zeigen, besteht der E-Ring nicht nur aus Eis, sondern enthält auch zahlreiche nanometerkleine Silikat-Körnchen. „Wahrscheinlich waren diese ursprünglich in Eispartikel eingebettet, die durch die Eisfontänen aus dem Untergrund des Enceladus ausgeschleudert wurden“, erklären die Forscher. Anhand der Zusammensetzung und Größe der Körnchen schließen sie, dass dieser Staub nicht durch den Zerfall größerer Brocken entstand, sondern im Ozean des Enceladus gebildet wurde.
Nanopartikel als Thermometer
Mit Hilfe von Laborexperimenten und Modellen haben die Wissenschaftler nun rekonstruiert, unter welchen Bedingungen dies geschehen sein muss. „Wir nutzen die Silikat-Nanopartikel quasi als Thermometer für den Meeresgrund des subglazialen Ozeans“, so Hsu und seine Kollegen. Das Ergebnis liefert wertvolle Hinweise darauf, was unter dem Eis des Saturnmonds vor sich geht.
Denn auf der Erde entstehen solche Silikatpartikel meist an hydrothermalen Schloten, dort, wo silikatreiches Salzwasser heiß aus dem Boden dringt und dann bei Kontakt mit dem Meerwasser plötzlich stark abkühlt, wie die Forscher berichten. Aus ihren Versuchen schließen sie, dass es auch auf dem Enceladus Ähnliches geben muss.
Heißes Wasser und poröser Stein
Der subglaziale Ozean stößt demnach an seinem Grund an einen wahrscheinlich sogar porösen Gesteinskern des Mondes. Dadurch kann Salzwasser dort eindringen und sich mit Mineralien anreichern. Damit dann bei Kontakt mit dem Ozean Silikatpartikel entstehen, muss die Temperatur im Gestein oder an der Grenzzone zwischen Gestein und Ozean bei mindestens 90 Grad Celsius liegen. Ist das Wasser des Ozeans weniger alkalisch als pH 10,5, ist sogar noch mehr Hitze nötig.
Aus den Versuchen geht zudem hervor, dass das Wasser des subglazialen Reservoirs auf Enceladus wahrscheinlich einen Salzgehalt von nicht mehr als etwa vier Prozent hat. „Die beobachteten Radien der Partikel sprechen dafür, dass sie relativ schnell von den warmen Zonen am Meeresgrund bis zu den Fontänenreservoirs aufgestiegen sein müssen“, so die Forscher. „Das geschieht wahrscheinlich innerhalb von Monaten, maximal ein paar Jahren.“
Schlote als mögliche Lebenswiege?
Sollten sich diese Rückschlüsse bewahrheiten, dann wäre der Saturnmond Enceladus der erste Himmelskörper außer der Erde, von dem eine anhaltende hydrothermale Aktivität bekannt ist. Auf unserem Planeten konzentrieren sich hydrothermale Schlote überall dort, wo vulkanische Hitze bis dicht unter den Meeresgrund aufsteigt. Tatsächlich gibt es auf der Erde sogar ein hydrothermales Feld, das den Bedingungen auf dem Enceladus halbwegs ähnlich ist: die Lost City-Vents im Nordatlantik. Dort steigt aus den Schloten heißes Wasser auf, das nicht nur mineralienreich ist, sondern auch alkalisch, wie auf dem Saturnmond.
Solche alkalischen Unterwasser-Geysire könnte nach Ansicht einiger Forscher einst sogar eine Wiege des Lebens gewesen sein. Ob dies auch auf Enceladus der Fall sein könnte, wird sich noch zeigen müssen. „Diese Ergebnisse sprechen aber für die Möglichkeit, dass es auf dem Enceladus mit seinem Ozean und der bemerkenswerten geologischen Aktivität lebensfreundliche Umgebungen geben könnte“, kommentiert der NASA-Astronaut John Grunsfeld. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14262)
(Nature/ NASSA, 12.03.2015 – NPO)