Wie erkennt man Leben auf anderen Planeten? Man sucht nach der passenden Farbe: Astronomen und Biologen haben sich zusammengetan, um einen „Farbkatalog des Lebens“ zu erstellen. Von 137 verschiedenen Mikroorganismen haben sie bereits einen spektralen Farb-Fingerabdruck gemessen, berichten die Forscher in den „Proceedings of the National Academy of Sciences.“ Solche Kataloge sollen in Zukunft die Suche nach Leben auf Exoplaneten erleichtern – doch leider erst, wenn die Teleskope stark genug dafür sind.
Fast täglich entdecken Astronomen neue Planeten in anderen Sternensystemen. Auf einigen dieser Exoplaneten könnten sogar Bedingungen herrschen, unter denen Leben möglich ist. Allerdings: Wenn es auf einem dieser mitunter hunderte von Lichtjahren entfernten Planeten Leben geben sollte – wie lässt sich das aus dieser Entfernung feststellen?
Chemischer Fingerabdruck im reflektierten Licht
Astronomen untersuchen einen Planeten, indem sie das von seiner Atmosphäre und Oberfläche reflektierte Licht des Muttersterns auffangen. In dieser reflektierten Strahlung stecken Informationen über die Stoffe, die auf dem Planeten vorkommen. Außerirdische Astronomen würden so beim Anblick der Erde feststellen, dass ein Teil des reflektierten Lichts durch Bäume und andere Pflanzen grün eingefärbt ist.
Unterschiedliche Farbstoffe hinterlassen im Spektrum des reflektierten Lichts spezifische Muster, gewissermaßen einen Fingerabdruck. Damit ließe sich prinzipiell auch ein Organismus direkt nachweisen, sofern er hinreichend große Anteile der Oberfläche eines Exoplaneten bedeckt. Dazu müsste man die Färbung messen, die der Organismus dem reflektierten Licht aufprägt. Diese Färbung wiederum hängt von den Pigmenten ab – also den im Lebewesen enthaltenen Farbstoffen.
Vielfältige Pigmente aus unterschiedlichsten Lebensräumen
Unter der Leitung von Siddharth Hegde vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Bonn haben sich darum Astronomen und Biologen zusammengetan, um die Vielfalt der Möglichkeiten solcher spektralen Fingerabdrücke zu erkunden. Sie wollten herausfinden, welche von ihnen unterschiedlichen Mikroorganismen entsprechen und was das für die Färbung von Exoplaneten-Oberflächen bedeutet.
Zu diesem Zweck stellte das Team Kulturen von 137 unterschiedlichen Arten von Mikroorganismen zusammen. Bei der Auswahl kam es den Forschern vor allem darauf an, eine möglichst große Vielfalt an Pigmentierungen zu bekommen. Die Organismen stammten aus ganz unterschiedlichen Lebensräumen, von der Atacamawüste in Chile bis zu hawaiianischem Salzwasser und Holzbauten an einer Solequelle in Missouri.
Ein Katalog für die mögliche Vielfalt des Lebens
Auf Kulturen dieser Mikroorganismen ließen die Forscher dann Licht verschiedener Wellenlängen vom sichtbaren bis nah-infraroten Bereich fallen, um das spezifische Spektrum des reflektierten Lichts zu messen. Dabei bestätigte sich, dass ein solches Spektrum in der Tat charakteristisch für das Pigmentgemisch im jeweiligen Organismus ist. Die erhaltenen chemischen Fingerabdrücke stellten sie in einem Online-Katalog zusammen. Er ist der vollständigste und vielfältigste Katalog dieser Art – und der erste im Hinblick auf die Oberflächeneigenschaften von Exoplaneten erstellte.
Die jeweils für die Farbe der Mikroorganismen verantwortlichen Pigmente haben sich unter den verschiedensten Lebensbedingungen gebildet. Daher ist der Katalog auch ein Beispiel für die mögliche Vielfalt von Leben außerhalb unseres Sonnensystems, denn verschiedene Exoplaneten warten ebenfalls mit einer breiten Vielfalt an Bedingungen auf. Nachweise einzelner Pigmente könnten daher zugleich Aufschluss über die Eigenschaften des Himmelskörpers geben.
Erste Ahnung von Lebensspuren fremder Welten
Das Team plant, weitere Proben zu sammeln und den Katalog so zu erweitern, dass er eine noch größere Vielfalt an Mikroorganismen erfasst. Das Ergebnis sollte nicht nur für Astrobiologen interessant sein, sondern auch für Astronomen, die Modelle für Planetenatmosphären berechnen. Der Nachweis solcher spektralen Fingerabdrücke von Organismen auf einer Planetenoberfläche stellt allerdings selbst für die nächste Generation von Teleskopen eine beachtliche Herausforderung dar.
Derzeit ist es noch nicht möglich, reflektiertes Licht eines Exoplaneten von ähnlicher Größe wie die Erde zu analysieren – solch ein Planet würde durch seinen Stern schlicht überstrahlt. Der erstellte Katalog kann als Referenz und Ausgangspunkt für zukünftige Modelle dienen, wie Lisa Kaltenegger vom Institute for Pale Blue Dots an der Cornell University in Ithaca erklärt: „Diese Datenbank gibt uns aber eine erste Ahnung davon, wie groß die Vielfalt an nachweisbaren Lebensspuren auf den vielen verschiedenen Welten ist, die es da draußen geben könnte.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2015; doi: 10.1073/pnas.1421237112)
(Max Planck Institut für Astronomie, 17.03.2015 – AKR)