Müll als Hightech Rohstoff: Aus den in Verpackungen häufigen Flocken aus Schaumstoff lassen sich wertvolle Nanomaterialien für Lithium-Ionen-Batterien herstellen. Ein von US-Forschern entwickeltes Verfahren recycelt nicht nur die Verpackungsflocken günstig und effizient – Batterien mit dem daraus gewonnenen Material sind sogar leistungsfähiger als bisherige Akkus.
Die meisten neu gekauften oder verschickten Elektrogeräte sind sicher verpackt: Unzählige Flocken aus aufgeschäumtem Kunststoff befinden sich als Polster- und Isoliermaterial neben dem teuren Gerät im Karton. Diese Verpackungsflocken wandern meistens ziemlich schnell in den Müll. Weil sie verglichen mit ihrem Gewicht ein sehr großes Volumen haben, lohnt sich ihr Transport zur Wiederverwertung nicht. Der größte Teil davon trägt daher ungenutzt zum Deponie-Müll bei.
Hundert Jahre auf der Deponie
Das in diesen Flocken verwendete Polystyrol braucht aber mindestens hundert Jahre, bevor es verrottet. „Draußen auf einer Müllhalde können möglicherweise schädliche Stoffe aus den Flocken, etwa Schwermetalle, Chloride und Phtalate, leicht in die Umwelt gelangen und die Boden- und Wasserqualität beeinträchtigen“, erklärt Vilas Pol von der Purdue University im US-Bundesstaat Indiana. Zwar gibt es mittlerweile auch Verpackungsflocken aus biologisch abbaubarer Stärke, die schneller verrotten. Aber auch diese enthalten teilweise schädliche Zusatzstoffe.
Als Pol und seine Kollegen neue Laborausrüstung auspackten, wollten sie darum die große Menge der dabei angefallenen schaumigen Flocken besser nutzen. „Ich dachte, dass wir nicht gleichzeitig „grüne Technologien“ erforschen, aber dabei die Umwelt gefährden sollten, indem wir [die Verpackungsflocken] wegwerfen“, so Pol.
Gebackenes Nanomaterial übertrifft Graphit
Die Forscher fanden heraus, dass sich daraus Nanomaterialien geradezu backen lassen. Indem sie die Flocken auf knapp 600 Grad Celsius erhitzen, erhalten sie je nach Ausgangsmaterial Kohlenstoff-Mikroplättchen oder Nanopartikel. Diese Materialien fungieren jedoch auch als wichtiger Bestandteil in aufladbaren Lithium-Ionen-Batterien. Als die Forscher ihr Material in den Anoden solcher Batterien testeten, übertraf das Nanomaterial aus dem Verpackungsmüll sogar die handelsüblichen Graphit-Elektroden. Die erhaltenen Batterien hatten eine merklich höhere Speicherkapazität.
Was ist das Geheimnis dieser Mikroplättchen und Nanopartikel? „Beide haben ungeordnete, poröse Strukturen“, erklärt Vinodkumar Etacheri von der Purdue Universität. „Diese ungeordnete Kristallstruktur lässt sie mehr Lithium-Ionen einlagern als theoretisch möglich, und die poröse Mikrostruktur lässt die Lithium-Ionen schnell in die Mikroplättchen diffundieren.“ Außerdem erhöhe diese Struktur die Oberfläche, die für elektrochemische Interaktionen zur Verfügung steht.
Wiederverwertung auch in großem Maßstab
Hinzu kommt, dass das Produktionsverfahren viel energiesparender ist als bisherige Techniken. Um vergleichbare Nanomaterialien zu erhalten, mussten Forscher die Ausgangsstoffe bislang bei über 2.000 Grad Celsius backen. Außerdem verwenden sie oft Rohstoffe aus fossilen Brennstoffen, was die Umweltverträglichkeit ebenfalls senkt.
Pol hält dagegen, dass sich das Verfahren seines Teams problemlos auch auf größere Maßstäbe hochskalieren lässt, um damit große Mengen von Verpackungsflocken zu verwerten. Die Forscher hoffen, innerhalb von zwei Jahren auch kommerziell auf diesem Wege Kohlenstoff-Mikroplättchen und Nanopartikel produzieren zu können. (249th National Meeting & Exposition of the American Chemical Society (ACS))
(American Chemical Society, 23.03.2015 – AKR)