Der erste Strahl nach zwei Jahren Pause: Im Large Hadron Collider (LHC) des CERN begann am Ostersonntag die zweite Laufzeit. Zum ersten Mal nach zwei Jahren der Pause und des Nachrüstens kreiste im 27-Kilometer-Ring wieder ein Protonenstrahl. Noch ist dessen Energie gering, sie soll im Laufe der nächsten Wochen schrittweise bis auf 13 Teraelektronenvolt erhöht werden – mehr als jemals in einem Teilchenbeschleuniger erreicht.
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Im Sommer 2012 hatte der LHC seinen vielleicht größten Auftritt. Denn mit seiner Hilfe gelang es den Teilchenphysikern des CERN, das lange gesuchte Higgs-Boson nachzuweisen – und damit das Teilchen, das als Manifestation des Brout-Englert-Higgs Mechanismus gilt, dem die Elementarteilchen ihre Masse verdanken. Doch für den LHC war das erst der Anfang, denn er lief zu diesem Zeitpunkt gerade einmal mit seiner halben Leistung.
Umbau für Rekord-Energien
Anfang 2013 ging LHC dann planmäßig für eine rund zweijährige Aufrüst-Pause außer Betrieb. Der „Long Shutdown“ sollte den LHC darauf vorbereiten, nun mit seiner Maximalleistung zu arbeiten. In seiner zweiten Laufzeit werden im Beschleunigerring Protonen mit der ungeheuren Energie von 13 Teraelektronenvolt (TeV) aufeinanderprallen – fast doppelt so viel wie zuvor.
Damit die Riesenmaschine diese Belastung aushält, haben Techniker und Ingenieure in den letzten zwei Jahren mehr als 10.000 elektrische Leitungen verstärkt und erneuert, gut 1.500 Verbindungstellen zwischen den supraleitenden Magneten geöffnet, die die mit fast Lichtgeschwindigkeit rasenden Teilchen auf Kurs halten und beschleunigen. Neue Schutzmechanismen sollen die Systeme zudem vor Überlast schützen.
Letzte Hürde
Ende März drohte eine Panne den bisher so perfekt eingehaltenen Zeitplan zu torpedieren. Denn nachdem sieben der acht Sektoren erfolgreich getestet waren, entdeckten Techniker im achten einen Kurzschluss zwischen einem der supraleitenden Magneten am Strahlrohr und der mit ihm verbundenen Schutzvorrichtung.
Wie sich zeigte, hatte sich ein kleines Metallstück in der Leitung zum Magneten festgeklemmt. Doch durch einen kurzen, aber heftigen Stromstoß gelang es, das Metallstück zu verdampfen, ohne dass der LHC noch einmal aufgewärmt und geöffnet werden musste.
„First Beam“
Am Ostersonntag kreisten nun seit zwei Jahren erstmals wieder Protonen im Beschleunigerring. Zunächst nur mit 450 GeV, der Energie, die sie aus dem Vorbeschleuniger mitbringen. Im Laufe der nächsten Tage soll dann die Energie schrittweise erhöht werden. „Nach zwei Jahren der Arbeit ist der LHC in guter Form“, sagt Frédérick Bordry, technischer Direktor des CERN. „Aber der wichtigste Schritt wird kommen, wenn wir die Strahlen auf neue Rekordniveaus erhöhen.“
Die Kollisionen mit fast doppelter Energie werden es ermöglichen, schwerere Teilchen zu erzeugen und möglicherweise auch ganz neuartige Partikel. Physiker hoffen nicht nur, mehr über das Higgs-Boson zu erfahren, auch die Suche nach den Teilchen der Dunklen Materie und grundlegende Fragen zum Standardmodell der Physik könnte der Teilchenbeschleuniger klären helfen.
„Dieses Energie-Regime wird uns die Tür öffnen zu neuen Entdeckungen über unser Universum, die noch vor zwei Jahren unmöglich waren“, kommentiert Fleming Crim von der National Science Foundation der USA. „Wir stehen an der Schwelle zu einer aufregenden Zeit in der Teilchenphysik.“
(CERN/ Fermilab, 07.04.2015 – NPO)