Astronomie

Wurde die Expansion des Universums überschätzt?

Unterschiede in "kosmischen Standardkerzen" könnten bisherige Messungen verfälscht haben

Galaxie M82 mit einer Supernova Typ 1a, aufgenommen am 22. Januar 2014 vom Swift-Teleskop. © NASA/Swift/ P. Brown, TAMU

Das Universum dehnt sich vielleicht langsamer aus als bislang gedacht. Denn die für die Messung der kosmischen Expansion genutzten Typ 1a-Supernova sind doch nicht alle gleich hell. Stattdessen haben Astronomen nun zwei unterschiedliche Gruppen dieser Sternexplosionen identifiziert. Weil gerade die weiter entfernten Supernovae zum schwächeren Typ gehören, wurde die beschleunigte Ausdehnung des Kosmos und damit die Dunkle Energie wahrscheinlich überschätzt, so die Forscher im Fachmagazin „Astrophysical Journal.

Sie galten bisher als die Standardkerzen des Kosmos: Bei Supernovae des Typs 1a explodiert ein Weißer Zwerg in einem Doppelsternsystem und gibt dabei enorme Mengen Licht und Strahlung ab. Nach gängiger Annahme sind diese Explosionen immer gleich hell, weshalb sie sich hervorragend als Gradmesser für die kosmische Expansion eignen – so dachte man jedenfalls. Ende der 1990er Jahre entdeckte man mit ihrer Hilfe, dass sich das Universum seit rund sechs Milliarden Jahren immer schneller ausdehnt.

Aber sind wirklich alle Supernovae Typ 1a gleich? Um das zu überprüfen, untersuchten Peter Milne von der University of Arizona und seine Kollegen das Licht einer großen Stichprobe solcher Sternexplosionen im sichtbaren mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops und im ultravioletten Licht mit dem Swift-Weltraumteleskop der NASA.

Zwei verschiedene Gruppen statt eines Standards

Das überraschende Ergebnis: Die Supernovae Typ 1a sind doch nicht alle gleich. „Wenn man in der Zeit zurückgeht, sieht man eine Veränderung in der Supernova-Population“, erklärt Milne. „Diese Unterschiede sind nicht zufällig verteilt, sondern trennen die Supernovae in zwei Gruppen – eine kleinere in unserer Nähe und eine größere in großen Entfernungen.“

Demnach ist das Licht eines Teils dieser Sternexplosionen leicht in den roten Teil des UV-Spektrums verschoben, ein anderer Teil in den blauen. Der Grund dafür liegt in einer um rund zwölf Prozent höheren Geschwindigkeit der Explosionsprodukte bei der röteren Variante, wie die Forscher feststellten. „Bisher dachte man immer, alle Typ 1a-Supernovae sind gleich, egal wohin man schaut“, so Milne. „Aber das scheint nicht der Fall zu sein.“

Langsamere Expansion – weniger Dunkle Energie?

Für die Kosmologie könnte das bedeutenden Folgen haben. Denn wenn die Standardkerzen des Kosmos gar nicht so standardisiert sind, dann sind auch die auf ihnen basierenden Werte für die Expansion des Universums möglicherweise nicht korrekt, wie die Astronomen erklären. Sie vermuten, dass zumindest ein Teil der beschleunigten Expansion deshalb überschätzt worden ist – und damit auch der Anteil der Dunklen Energie im Universum, der geheimnisvollen Kraft, die diese Ausdehnung vorantreibt.

„Unsere Daten könnte dafür sprechen, dass es weniger Dunkle Energie im Kosmos gibt als es gängiger Lehrbuchansicht entspricht“, sagt Milne. „Aber wie viel weniger können wir noch nicht sagen.“ Um eine endgültige Antwort darauf zu finden, müsse man nun die Ausdehnung des Universums neu kalkulieren – und diesmal die beiden verschiedenen Gruppen von Supernovae Typ 1a dabei berücksichtigen. (The Astrophysical Journal, 2015; doi: 10.1088/0004-637X/803/1/20)

(University of Arizona, 13.04.2015 – NPO)

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