Blick in die Kinderstube des Universums: Astronomen haben die bisher fernste und damit älteste Galaxie in unserem Kosmos entdeckt. Ihr Licht war bis zu uns mehr als 13 Milliarden Jahre unterwegs. Die massereiche Galaxie stammt aus einer Zeit, in der das Universum erst rund 650 Millionen Jahre alt war. Die Beobachtungen zeigen aber auch, dass die sich die damaligen Galaxien von den heutigen unterschieden.
Wie und wann bildeten sich die ersten Sterne und Galaxien? Und wie sahen diese aus? Um diese Fragen zu klären, suchen Astronomen nach Galaxien, deren Licht eine extreme Rotverschiebung aufweist. Denn je weiter eine Lichtquelle von uns entfernt ist, desto stärker ist ihr Licht durch die Ausdehnung des Universums gedehnt. Weil die Expansionsrate bekannt ist, lässt sich über die Rotverschiebung die Entfernung und damit das Alter einer Galaxie ermitteln. Bisher allerdings haben Astronomen nur eine Handvoll von Galaxien entdeckt, deren Rotverschiebung höher liegt als z=7.
Nur 650 Millionen Jahre nach dem Urknall
Jetzt haben Pascal Oesch von der Yale University und seine Kollegen die bisher älteste eindeutig datierbare Galaxie entdeckt. Aufgespürt haben sie sie mit Hilfe von Deep-Sky-Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble. In nachfolgenden Beobachtungen mit dem Spitzer-Weltraumteleskop fiel diese Galaxie durch ihre auffallend bläuliche Farbe auf. Messungen mit dem Spektrometer am Keck-Observatorium auf Hawaii lieferten dann die Daten zu Alter und Entfernung von EGS-zs8-1, wie die Galaxie getauft wurde.
Die Rotverschiebung der neuentdeckten Galaxie liegt bei 7,73, was bedeutet, dass sie bereits existierte, als das Universum gerade einmal 650 Millionen Jahre alt war. „Dieser spektroskopische Messwert setzt einen neuen Rotverschiebungs-Rekord für Galaxien“, berichten die Forscher. In ihrer Studie fanden sie zudem zwei weitere Galaxien, deren Rotverschiebungen nur wenig darunter lagen, bei 7,5 und 7,2.
Schon erstaunlich viele Sterne
EGS-zs8-1 war trotz dieser frühen Zeit bereits sehr hell und massereich und enthielt mehr als eine Milliarde Sterne – für diese frühe Zeit sehr erstaunlich. „Sie hatte bereits 15 Prozent der Masse unserer heutigen Milchstraße – obwohl das Universum damals noch sehr jung war“, sagt Oesch. Die Astronomen beziffern das Durchschnittsalter ihrer Sternenpopulation auf gerade einmal 100 Millionen Jahre.
EGS-zs8-1 produzierte auch rund 80 Mal schneller Sterne als unsere Milchstraße heute – die es auf gerade einen neuen Stern pro Jahr bringt. Die rapide Sternengeburt in diesen frühen Galaxien könnte eine entscheidende Rolle für einen der großen Phasenübergänge im frühen Universum gespielt haben, die Reionisierung. Etwa 550 Millionen Jahre nach dem Urknall begann die intensive Strahlung junger Sterne und Galaxien, das neutrale Wasserstoffgas im Kosmos zu ionisieren und schuf damit eine wichtige Voraussetzung für die weitere Entwicklung.
Die hohe Anzahl von Sternen und die aktive Sternengeburt in EGS-zs8-1 bestätigt nun diese Annahme, denn sie liegt mitten in dieser Übergangsphase. „Dies zeigt, dass junge Sterne in Galaxien wie EGS-zs8-1 wahrscheinlich der Hauptantrieb für diese Reionisierung waren“, erklärt Koautor Rychard Bouwens vom Observatorium in Leiden.
Was genau in dieser Frühzeit vor sich ging, soll zukünftig unter anderem das James Webb Weltraumteleskop der NASA enthüllen. Ab 2018 könnte dieses noch leistungsfähigere Infrarotteleskop noch weiter in den frühen Kosmos zurückschauen und zudem die Strahlung von Galaxien wie EGS-zs8-1 genauer aufschlüsseln. Das ermöglicht es den Astronomen, mehr über die Prozesse in ihrem Inneren zu erfahren. (Astrophysical Journal Letters, in press; arXiv:1502.05399)
(Keck Observatory/ NASA, 06.05.2015 – NPO)