Medizin

Verzögerte Pubertät durch zu viel Salz?

Salzreiche Diät lässt Ratten später heranreifen

Unsere typische Ernährung wird immer salziger - mit möglicherweise drastischen Folgen für die Entwicklung. © freeimages

Versalzene Entwicklung? Bei stark salziger Ernährung setzt die Pubertät bei Ratten deutlich verzögert ein, berichten US-Forscher. Diese gestörte Entwicklung kann im späteren Leben die Fruchtbarkeit senken und zu gestörtem Verhalten führen. Die Wissenschaftler warnen darum vor den schädlichen Folgen einer salzreichen Ernährung auch beim Menschen, besonders im Hinblick auf den steigenden Salzgehalt der typischen Wohlstandsdiät.

Ob gewünscht oder nicht – die meisten Menschen in Industrieländern ernähren sich zu salzig. Das Übermaß an Salz hat nicht nur Folgen für den Geschmack: Es gilt als blutdrucksteigernd und führt damit zu Herzkreislauf-Erkrankungen. Außerdem könnte es Zellen des Immunsystems anregen und durch deren übereifrigen Einsatz Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose und Rheuma fördern. Zwar stimuliert das Salz das Immunsystem so offenbar gegen Infektionen, und während der Schwangerschaft kann es den Blutdruck paradoxerweise sogar senken. Generell gilt jedoch die Faustregel „weniger ist mehr“.

Salz bringt Entwicklung durcheinander

Wissenschaftler um Dori Pitynskivon der University of Wyoming haben nun auf einer Konferenz einen weiteren Grund beschrieben, um mit Salz in der Küche zurückhaltend umzugehen. Wenn sie Ratten sehr salzreiches Futter gaben, setzte die Pubertät bei den Versuchstieren deutlich später ein als im Kontrollversuch mit normaler Diät. Die hohe Salzmenge entsprach für die Ratten etwa dem Drei- bis Vierfachen der von der WHO für Menschen empfohlenen täglichen Menge von fünf Gramm Kochsalz.

Interessanterweise beobachteten die Wissenschaftler auch einen gegenteiligen Effekt: Fehlte das Salz im Futter völlig, so erreichten die Ratten die Pubertät ebenfalls später. Pitynski und ihre Kollegen schließen daraus, dass das Salz für eine normale Entwicklung wichtig ist – ein Übermaß bringt diese Entwicklung jedoch offenbar durcheinander.

Die Folge ist nicht bloß eine spätere Geschlechtsreife: Frühere Studien haben gezeigt, dass eine verzögerte Pubertät auch beim Menschen zu Verhaltensauffälligkeiten, höherem Stress und geringerer Fruchtbarkeit führen kann.

Gegensatz von Salz und Fett?

Diese Wirkung des Salzes im Essen könnte bislang durch eine weitere Eigenschaft der typischen Industrieländer-Diät maskiert worden sein: Besonders fettreiche Nahrung lässt die Pubertät früher beginnen. „Unsere Arbeit zeigt, dass große Mengen an Fett und Salz jeweils gegenseitige Effekte auf die Fruchtbarkeit haben“, beschreibt Pitynski. Dabei halten die Wissenschaftler den Effekt des Salzes jedoch für stärker ausgeprägt und damit für gesundheitlich bedeutender.

Salz befindet sich heute nicht nur in offensichtlich salzig schmeckenden Lebensmitteln wie Salzstangen oder Sojasauce. Auch geräuchertes Fleisch und Wurst und vor allem viele Fertiggerichte enthalten viel Salz – vor allem also solche Nahrungsmittel, die mit zunehmendem Wohlstand häufiger sind. Pitynski warnt darum: „Die Salz-Anreicherung in der westlichen Bevölkerung hat möglicherweise drastische Folgen für die Gesundheit und erfordert weitere Aufmerksamkeit“

(European Society of Endocrinology, 18.05.2015 – AKR)

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