Es klingt fast schon paradox: Ausgerechnet die Sahelzone – ein Musterbeispiel für zunehmende Trockenheit – profitiert jetzt vom Klimawandel. Denn die steigenden Treibhausgase haben in den letzten 20 Jahren wieder mehr Regen gebracht, wie britische Klimaforscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten. Die erhöhten CO2-Werte verstärken demnach das Temperaturgefälle über Nordafrika und fördern Luftströmungen, die den westafrikanischen Monsun in die Sahelzone bringen.
Die Sahelzone gilt seit Jahren als Musterbeispiel für eine akut von Desertifikation bedrohte Region. Durch die jahrzehntelange Übernutzung der Böden nahm die Erosion stark zu. Dann änderte sich zudem noch das Klima. „Zwischen den 1950er und 1980er Jahren sank der Sommer-Niederschlag in der Sahelzone um 40 Prozent“, berichten Buwen Dong und Rowan Sutton von der University of Reading. Die ständigen Dürren lösten Hungersnöte und trieben tausende Menschen in die Flucht.
Mehr Regen statt mehr Dürre
Viele Forscher sahen im Klimawandel die Ursache für diese Veränderungen und prognostizierten eine weitere Verschlimmerung. Doch aktuelle Messdaten widersprechen diesem Szenario: Seit den 1980er Jahren hat der Regen in der Sahelzone wieder zugenommen. Immerhin ein Drittel der vorherigen Abnahme haben die Niederschläge bereits wieder aufgeholt, wie Dong und Sutton berichten.
Die große Frage ist aber, ob diese Besserung von Dauer ist und ob sie sich weiter fortsetzen wird. Die Antwort setzt voraus, dass man weiß, was die jetzigen Verbesserungen verursacht. Um das herauszufinden, haben Ding und Sutton systematisch einige Kandidaten in einem Klimamodell durchgespielt. Als potenzielle Ursachen kommen vor allem drei Faktoren in Frage: die Erwärmung der angrenzenden Meere, die Reduktion von Luftschadstoffen und die gestiegene Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre. Für jeden Faktor prüften die Forscher daher im Modell, welche Auswirkungen er auf den westafrikanischen Monsun und die Niederschlagsmuster über der Sahelzone hat.
Helfende Treibhausgase
Das Ergebnis: „Überraschenderweise stellten wir fest, dass selbst substanzielle Änderungen der Meerestemperaturen fast keinen Einfluss auf den Regen in der Sahelzone hatten“, berichten die Forscher. Denn die wärmeren Meere erhöhen zwar die Temperaturen über Land leicht, tun dies aber zu gleichmäßig, um die verstärkten Winde und den zunehmenden Monsun erklären zu können. Auch der Gradient zwischen Land und Meer bleibt zu flach.
Anders sah es dagegen aus, als die Forscher die Treibhausgase veränderten: 74 Prozent der heute beobachteten Niederschlagsänderungen in der Sahelzone ließen sich allein durch diesen Faktor reproduzieren, wie sie berichten. Schraubten sie die CO2-Werte hoch, führte dies über verschiedene Wechselwirkungen im Klimasystem zu einem stärkeren Wärmegradienten über Nordafrika. Die Innertropische Konvergenzzone (ITCZ) und auch der ostwärts wehende Strahlstrom verschoben sich dadurch weiter nach Norden.
Diese Veränderungen erlaubten feuchten Luftmassen den Einstrom in die Sahelzone und verstärkten so den westafrikanischen Monsun. Dies brachte der Sahelzone mehr Regen. „Der Einfluss der Treibhausgase ist demnach der dominante Faktor für die Erholung des Sahel-Niederschlags“, so Dong und Sutton. Und auch für die restlichen 26 Prozent ist ihren Analysen nach ein menschengemachter Faktor verantwortlich: die Abnahme von Luftschadstoffen in der Atmosphäre.
Gewinner des Klimawandels?
Das aber ist für die Bewohner der Sahelzone eine gute Nachricht. Denn sollten die Forscher Recht behalten, dann könnten sie vom anhaltenden Klimawandel und CO2-Ausstoß sogar profitieren. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die jüngste Erholung der Sahel-Niederschläge höchstwahrscheinlich weitergehen wird oder sich in der nahen Zukunft sogar noch verstärkt“, so Ding und Sutton.
Die Forscher betonen aber auch, dass ihre Studie dringend mit weiteren Klimamodellen wiederholt werden sollte, um ganz sicherzugehen. Denn zumindest eine Studie war vor kurzem erst zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen: Nach ihr gehört die Sahelzone zu den Trockengebieten, die durch den Klimawandel noch trockener werden. Die Messdaten der letzen Jahre scheinen demnach weniger eindeutig als von beiden Teams suggeriert.
„Weitere Arbeiten sind hier dringend, denn die Zukunft des Niederschlags in der Sahelzone ist für die von Dürren gefährdeten Menschen dieser Region überlebenswichtig“, so Dong und Sutton. (Nature Climate Change, 2015; doi: 10.1038/nclimate2664)
(Nature Climate Change, 02.06.2015 – NPO)