Technik

Mehr Bandbreite für die Glasfaser?

Neues Verfahren erhöht Kapazität und Reichweite von optischen Signalen

Lichtwellen verschiedener Kanäle in einem optischen Leiter © UC San Diego

Mehr Leistung in der Glasfaser: US-Forscher haben eine Methode entwickelt, die die Kapazität und Reichweite von Datensignalen in optischen Leitern deutlich erhöhen könnte. Ein Frequenzkamm beeinflusst dabei die bisher limitierenden Kerr-Verzerrungen so, dass sie leichter wieder herausgerechnet werden können, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Im Experiment konnte dadurch selbst ein 20-fach stärkeres Signal über mehr als 1.000 Kilometer gesendet und problemlos gelesen werden.

Der Datenverkehr im globalen Glasfasernetz wächst rasant, allein seit dem Jahr 2000 hat er um 60 Prozent zugenommen. Doch die Kapazität lässt sich nicht ohne weiteres steigern: „Die heutigen Glasfasersysteme sind wie Treibsand: Je mehr man rumzappelt, desto schneller sinkt man. Bei Glasfasern bedeutet dies; Je mehr Energie man reingibt, desto mehr Verzerrungen bekommt man“, erklärt Nikola Alic von der University of California in San Diego.

Gestörte Signale

Dieser sogenannte Kerr-Effekt entsteht, weil die elektromagnetischen Wellen der optischen Signale mit den Siliziumatomen des Glasleiters wechselwirken. Dies erzeugt Störungen, die die nachfolgenden Wellen verzerren. Der Effekt ist dann besonders ausgeprägt, wenn die Frequenz der einzelnen Lasersignale im Leiter leicht schwankt, doch Fluktuationen um wenige hundertstel Prozent lassen sich normalerweise kaum vermeiden.

Um die Kerr-Verzerrungen möglichst gering zu halten, werden heute alle rund 1.000 Kilometer sogenannte Repeater in die Glasfasernetze eingebaut. Sie wandeln die optischen Signale in elektrische um, rechnen die bisher aufgetretenen Verzerrungen heraus und schicken das so bereinigte Signal als Laserpuls weiter in die Glasfaser. Das Problem daran: Diese Repeater verursachen 80 Prozent der Kosten und machen das Verlegen neuer Leitungen extrem teuer.

Der Versuchsaufbau: Signlae werden per Frequenzkamm erzeugt und am Zielort rekonstruiert. © UC San Diego

Frequenzkamm bringt Ordnung in die Verzerrung

Alic und seine Kollegen könnten nun einen entscheidenden Durchbruch erzielt haben. Denn sie haben eine Methode gefunden, mit der sich optische Signale ohne Verzerrung um das 20-Fache verstärken lassen. Dies gelang, indem sie die verschiedenen optischen Trägerwellen mit Hilfe eines Frequenzkamms erzeugten. „Alle Trägerfrequenzen stammten dabei ursprünglich aus einem einzigen Laser“, erklären die Forscher. Erst der Frequenzkamm splittet diesen Ausgangsstrahl auf und erzeugt die unterschiedlich modulierten optischen Signale.

Der Clou daran: Weil alle parallelen Signale dieselbe Quelle haben und damit die gleichen Frequenzschwankungen aufweisen, werden sie alle auf die gleiche Weise durch den Kerr-Effekt verzerrt. Das aber macht es möglich, diese Verzerrungen selbst bei einer viel höheren Intensität der Signale zu erkennen und herauszurechnen. Die bisherige Obergrenze für die Leistung der optischen Signale kann dadurch um rund eine Größenordnung nach oben verschoben werden, so die Forscher.

Eduardo Temprana und Nikola Alic im Photonik-Labor © Jacobs School of Engineering/ UC San Diego

Mehr Reichweite und Leistung

Im Experiment schickten die Wissenschaftler mit einem Frequenzkamm erzeugte Signale 1.020 Kilometer weit durch eine Glasfaser. „Selbst als wir die Leistung der optischen Signale um das 20-Fache erhöhten, konnten wir die Originalinformation wiederherstellen“, berichtet Erstautor Eduardo Temprana. Dieses Verfahren könne daher die Reichweite und Bandbreite der weltweiten Glasfasernetzte deutlich erhöhen.

Man könnte auf diese Weise doppelt so viele Daten in einer Leitung übertragen oder die Reichweite der Signale verdoppeln, sagt Seniorautor Stojan Radic. Das macht das Verlegen weiterer Glasfasernetze zwar nicht überflüssig, könnte es aber aufschieben und möglicherweise auch billiger machen.

„Als wissenschaftliches Konzept ist das ein echter Durchbruch“, kommentiert Peter Winzer von den Bell Laboratories in einem begleitenden Artikel. Ob sich die neue Methode auch rentiert und praktisch bewährt, muss sich allerdings noch zeigen. (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aab1781)

(University of California – San Diego, 26.06.2015 – NPO)

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