Verblüffender Effekt: Schon zehn Straßenbäume mehr pro Block können die Gesundheit der Stadtbewohner messbar verbessern, wie kanadische Forscher herausgefunden haben. Das Mehr an Straßengrün verringert demnach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, steigert das subjektive Wohlgefühl und hält körperlich jünger. Sogar einkommensbedingte Unterschiede in der Gesundheit wurden durch die Bäume ausgeglichen, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.
Straßenbäume in der Stadt sind mehr als nur schmückendes Beiwerk – sie sind eine echte Klimaanlage. Durch Schatten und Verdunstung kühlt schon ein einziger großer Straßenbaum seine Umgebung um bis zu drei Grad ab und erhöht die Luftfeuchtigkeit um bis zu zehn Prozent. Zudem reinigt er die Stadtluft von Staub und gibt in einer einzigen Stunde fast zwei Kilogramm Sauerstoff an die Luft ab.
„Aber wie sehr kann ein Baum in einer Straße unsere Gesundheit verbessern?“, fragen Omid Kardan und seine Kollegen von der University of Chicago und seine Kollegen. Und wie lässt sich dieser positive Effekt quantifizieren?
Gesündere Gefäße und mehr Wohlbefinden
Um das herauszufinden, haben die Forscher in der kanadischen Stadt Toronto die Straßenbäume pro Häuserblock ermittelt und gleichzeitig Daten zu gut 30.000 Bewohnern der Straßen erhoben. Dazu gehörten neben Einkommen, Alter und Gesundheitsdaten auch das subjektiv empfundene Gesundheitsgefühl. Denn diese Selbstwahrnehmung ist laut Studien ein guter Anzeiger für den tatsächlichen körperlichen und psychischen Zustand.
Die Auswertung ergab einen überraschend deutlichen Effekt: Die Menschen, die Gebieten mit mehr Straßenbäumen lebten, fühlten sich im Schnitt gesünder und litten auch tatsächlich weniger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Bluthochdruck, wie die Forscher berichten. Dieser lineare Zusammenhang bestand auch dann noch, wenn Einkommensunterschiede, Alter und andere mögliche Einflussfaktoren berücksichtigt wurden.
Wie ein Umzug oder eine Verjüngungskur
Der positive Einfluss der Straßenbäume ließ sich sogar quantifizieren: Schon zehn Bäume mehr steigern das gesundheitliche Wohlbefinden der Bewohner ähnlich stark, als wenn man das Einkommen dieser Haushalte um gut 7.000 Euro pro Jahr erhöhen würde oder als wenn sie sieben Jahre jünger wären, so Kardan und seine Kollegen. Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen reichten elf zusätzliche Bäume, um die Gefäße der Bewohner um 1,4 Jahre zu verjüngen.
Der Effekt lässt sich anhand dieses Beispiels beschreiben: „Wenn wir zwei Familien betrachten, bei denen die eine 10.000 Euro mehr im Jahr verdient als die andere und die in einem Stadtviertel mit entsprechendem Einkommensniveau lebt, dann erwartet man, dass die reichere Familie sich als gesünder empfindet und es auch ist“, erklären die Forscher. „Das aber ist nicht der Fall, wenn die ärmere Familie zehn Straßenbäume mehr pro Block in ihrer Umgebung hat.“ Denn dann gleichen die Bäume diese Unterschiede in der Gesundheit aus.
„Verlässlich positive Effekte“
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Straßenbäume signifikante, von anderen Faktoren unabhängige und verlässlich positive Effekte auf Gesundheit von Stadtbewohnern haben“, konstatieren Kardan und seine Kollegen. „Schon eine kleine Zunahme der Baumdichte verbessert die Gesundheit merklich und das auf kostengünstige Weise.“ Dabei scheinen die einzeln stehenden Bäume noch effektiver zu wirken als in größeren Abständen verteilte Parks oder Grünanlagen.
Auf welche Weise die Straßenbäume ihren Effekt entfalten, wissen die Forscher noch nicht. Sie vermuten aber, dass die Verbesserung der Luftqualität eine wichtige Rolle dafür spielen könnte. Denn gerade von Feinstaub und anderen Luftschadstoffen ist bekannt, dass sie auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern können. Zusätzlich könnten die Bäume aber auch zum Stressabbau beitragen und mehr dazu motivieren, sich zu Fuß im Viertel zu bewegen – auch dies fördert die Gesundheit. (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep11610)
(Nature, 10.07.2015 – NPO)