Geowissen

Magnetfeld: Trigger für Umpolung gefunden?

Geologische Anomalie unter Südafrika stört den Dynamo des Erdmagnetfelds

Schwächezone des Erdmagnetfelds (blau) im Südatlantik-Gebiet. © Michael Osadciw/ University of Rochester

Störstelle im Erdmagnetfeld: Unter Südafrika könnte ein entscheidender Störfaktor für das irdische Magnetfeld liegen. Denn dort gibt es eine geologische Anomalie, die immer wieder für eine Abschwächung der magnetischen Feldstärken sorgt, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten. Diese Störzone könnte sogar der Auslöser für die periodischen Umpolungen des Erdmagnetfelds sein.

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Aus Nord wird Süd und umgekehrt: Schon mehrfach in der Erdgeschichte hat sich die Polung des Erdmagnetfelds komplett umgekehrt. In dieser Umbruchsphase ist das irdische Magnetfeld zeitweilig sehr schwach und chaotisch, es können sich vorübergehend Regionen abweichender Polung und sogar zusätzliche Pole bilden. Die letzte große Polumkehr liegt knapp 800.000 Jahre zurück und eine weitere könnte sich bereits anbahnen.

Anomalie unter dem Südatlantik

Messungen zeigen, dass sich das Erdmagnetfeld bereits abgeschwächt hat: Seine Feldstärke hat seit 1840 um rund 16 Prozent abgenommen. Auch die Achse des Dipolfelds hat sich in den letzten 200 Jahren deutlich verschoben. Ob dies allerdings bereits Vorboten eines solchen Ereignisses sind oder nur ein vorübergehendes Phänomen, ist noch strittig.

John Tarduno von der University of Rochester und seine Kollegen haben nun eine Region genauer untersucht, in der sich die Abschwächung des Magnetfelds besonders bemerkbar macht: Unter Südafrika, dem Südatlantik und Südamerika liegt die sogenannte Südatlantische Anomalie. „Dieses Gebiet niedriger Feldintensität ist so ausgeprägt, dass die Strahlengürtel der Erde hier sehr nah herankommen können“, erklären die Forscher.

Lehnboden als Magnetanzeiger

Eine kulturelle Eigenheit von eisenzeitlichen Kulturen in Südafrika hat den Forschern die Chance eröffnet, die magnetische Entwicklung dieser Anomalie genauer zu untersuchen: Vor rund 800 Jahren war es dort üblich, Hütten und Getreidespeicher zur rituellen Reinigung regelmäßig abzubrennen. Dabei erreichte der brennende Lehmboden Temperaturen von mehr als 1.000 Grad Celsius, wodurch die zuvor im Gestein gespeicherte Magnetisierung gelöscht und die aktuelle eingebrannt wurde.

Die Analyse solcher Lehmreste, die zwischen 1013 bis 1585 gebrannt wurden, enthüllten starke historische Schwankungen im lokalen Magnetfeld. So nahm die Intensität des Magnetfelds in diesem Gebiet Südafrikas ab 1250 besonders schnell ab. Parallel dazu veränderte sich zwischen 1225 und 1550 auch die Ausrichtung der Feldlinien um 0,11° bis 0,12° pro Jahr. „Zum Vergleich: Die Rate der Feldveränderung in diesem Gebiet von 1840 bis heute liegt bei nur 0,07° pro Jahr“, berichten Tarduno und seine Kollegen.

Unruheherd im Erdmagnetfeld

Ihrer Ansicht nach deutet diese starke historische Schwankung darauf hin, dass die Südatlantische Anomalie schon früher Phasen der Abschwächung erlebt hat – und sogar noch deutlichere als heute. Möglicherweise, so mutmaßen die Forscher, ist diese Region einer der „Unruheherde“ im irdischen Magnetfeld – und das schon seit Millionen von Jahren. Während dieser Zeit gab es dort vorübergehende Schwankungen, aber auch Abschwächungen, die eine Umpolung des Magnetfelds ankündigten und vielleicht sogar auslösten.

Ob allerdings die heute messbare Abschwächung bereits eine Umpolung ankündigt oder nur eine vorübergehende Schwankung, lasse sich auch mit den neuen Erkenntnissen nicht verlässlich bestimmen, so die Forscher. „Das könnte eintreten, wenn diese schwache Feldregion besonders groß wird“, sagt Tarduno.

"Wärmedecke" auf dem Erdkern: Large Low Shear Velocity Province unter Südafrika. © Sanne.cottaar/ CC-by-sa 3.0

Wärmedecke auf dem Erdkern

Warum aber liegt dieser mögliche Trigger für die Umpolungen ausgerechnet unter Südafrika? Wie die Forscher berichten, könnte eine tief im Erdinneren verborgene Besonderheit das ungewöhnliche Magnetverhalten der Südatlantischen Anomalie erklären. „Man hat lange gedacht, dass diese Umpolungen an zufälligen Orten beginnen, aber unsere Studie deutet nun darauf hin, dass das möglicherweise nicht der Fall ist“, sagt Tarduno.

Wie er und seine Kollegen feststellten, ist der Erdkern unter dieser Region ist von ungewöhnlich heißem und dichten Mantelgestein überdeckt. Dieses als Large Low Shear Velocity Province (LLSVP) bezeichnete Gebiet liegt wie eine Wärmedecke rund 3.000 Kilometer tief unter der Erdoberfläche und ist an der breitesten Stelle rund 6.000 Kilometer groß. Weil dieses Mantelgestein heißer ist als die Umgebung, beeinflusst es die Strömungen im flüssigen Eisen des darunterliegenden äußeren Erdkerns – dem entscheidenden Dynamo des Magnetfelds.

Durch diese lokal gestörte Strömung ist der Dynamo an dieser Stelle nicht mehr so effektiv und das Magnetfeld wird hier geschwächt. Je nach Ausprägung erfolgt dies manchmal vorübergehend, manchmal aber auch anhaltend und folgenschwer – und führt zu einer Umpolung. (Nature Communications, 2015; doi: 10.1038/ncomms8865)

(University of Rochester / Nature, 29.07.2015 – NPO)

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