Wir leben auf Kredit: Mit dem 13. August 2015 hat die Menschheit alle nachhaltig nutzbaren Ressourcen unseres Planeten für dieses Jahr verbraucht. Der „Earth Overshoot Day“ liegt damit in diesem Jahr sechs Tage früher als noch 2014. Um den weltweiten Bedarf an Rohstoffen, Ackerland, Wasser und Co nachhaltig zu decken, bräuchte die Menschheit inzwischen 1,6 Erden. Da wir diese nicht haben, betreiben wir Raubbau an den Ressourcen nachfolgender Generationen.
Das Prinzip ist einfach: Auf der einen Seite steht das, was die Menschheit für Ernährung, Konsum, Energie und sonstige Dinge an Ressourcen verbraucht. Zusammen mit den Auswirkungen unseres Lebensstils auf die Umwelt ergibt dies den ökologischen Fußabdruck der Menschheit. Diesem gegenüber steht die Biokapazität – die Fähigkeit der weltweiten Ökosysteme, Ressourcen zu erneuern und Abfälle aufzunehmen.
Das Schuldenmachen beginnt immer früher
Der Tag, an dem unser Planet unseren Fußabdruck nicht mehr ausgleichen kann, ist der Erdüberlastungstag oder Earth Overshoot Day. Er wird alljährlich von Wissenschaftlern des Global Footprint Networks und der New Economic Foundation errechnet. Und seit Jahren rückt dieser Tag im Kalender immer weiter nach vorne: Noch vor zehn Jahren erreichte die Menschheit den Overshoot Day erst am 20. Oktober, vor 20 Jahren war dies erst am 21. November der Fall.
„Der angehäufte Schuldenberg wird größer und größer. Seit mehr als drei Jahrzehnten verbrauchen wir mehr Ressourcen, als uns eigentlich zur Verfügung stehen“, warnt WWF-Vorstand Eberhard Brandes. „Wir sind gerade dabei zulasten unserer Kinder den Kreditrahmen zu sprengen.“ Zurzeit bräuchte die Weltbevölkerung 1,6 Erden, um den weltweiten Bedarf an Rohstoffen, Ackerland, Wasser und Wäldern nachhaltig zu decken.
Deutschland ist unter den Großverbrauchern
Dabei bedienen sich nicht alle Länder gleich unmäßig vom ökologischen Ressourcenkuchen, wie länderspezifische Auswertungen zeigen. Die USA, auch einer der großen Verbraucher, erreichte bereits am 14. Juli 2015 den nationalen Overshoot Day. Der ökologische Fußabdruck der US-Bevölkerung liegt bei rund sieben Hektar pro Kopf, die Biokapazität des Landes aber nur bei rund vier Hektar pro Kopf.
In Deutschland hinterlässt jeder Einwohner einen ökologischen Fußabdruck von etwa 4,5 Hektar. Doch die Natur in unserem Land kann nur etwa zwei Hektar davon ausgleichen und regenerieren. Würden daher alle Länder weltweit so wirtschaften wie Deutschland, wären 2,6 Planeten notwendig. Damit liegt auch Deutschland im obersten Viertel aller Länder weltweit, wie auch der Living Planet Report 2014 bestätigte.
Schulden auf Kosten der Armen
Zum Vergleich: Der ökologische Fußabdruck eines Inders liegt nach den Berechnungen des Global Footprint Networks bei gerade einmal 0,9 Hektar. Wären wir alle Inder, würden nur die Hälfte der jährlich nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde verbraucht. Der Fußabdruck eines Bewohners von Eritrea ist sogar noch niedriger: Er liegt nur bei 0,5 Hektar pro Kopf. Die Menschen dort schöpfen damit die Biokapazität ihres Landes nur zu einem Drittel aus.
Der größte Teil des Raubbaus an den irdischen Ressourcen geht damit auf das Konto der Industrieländer. Die restlichen drei Viertel der Weltbevölkerung bezahlen dafür jedoch mit – und das, obwohl sie unter Armut und Mangel leiden. „Unsere Wirtschaftsweise ist weder ökologisch nachhaltig noch global gerecht“, erklärt Julia Otten, Referentin bei Germanwatch. „Damit beuten wir die Erde auf Kosten künftiger Generationen und der in Armut lebenden Menschen aus, die insbesondere im globalen Süden leben.“
Die Folgen sind spürbar
„Klimawandel, Artensterben und Wassermangel – bereits heute sind die Auswirkungen unseres Lebens auf Pump mehr als deutlich“, sagt Brandes. Das Leben auf Pump macht sich zudem in der weltweiten Übernutzung der Landflächen, schrumpfenden Wäldern und überfischten Meeren bemerkbar. Nicht erneuerbare Ressourcen und Rohstoffe wie Öl, Gas, Metalle und Mineralien, aber auch Wasser und Land, werden immer knapper.
Ein Ende dieses Trends ist allerdings bisher nicht abzusehen – auch das zeigen die alljährlichen Bilanzen. Geht die Entwicklung so weiter, bräuchten wir bis 2050 schon fast drei Planeten, um unseren Bedarf zu decken. „Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die nicht mehr nach Wachstum um jeden Preis strebt, sondern die dem übermäßigen Ressourcenverbrauch ein Ende setzt und ein Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen ermöglicht“, mahnt Christoph Röttgers von der Naturschutzjugend.
(Global Footprint Network /BUND/ Germanwatch, 13.08.2015 – NPO)