Cool – und sehr kalkuliert: Eine Zoo-Schimpansin in den Niederlanden hat gezielt eine Drohne außer Gefecht gesetzt. Die Affendame schlug mehrfach mit einem Stock nach der fliegenden Kamera, bis diese zu Boden stürzte. Das Interessante daran: Die Schimpansen in diesem Zoo haben nie explizit gelernt, Werkzeuge zu nutzen. Biologen sehen in dieser Drohnen-Attacke daher einen Beleg dafür, dass Schimpansen zu spontaner Improvisation fähig sind.
Der kuriose Vorfall ereignete sich am 10. April 2015 während eine niederländische Fernseh-Crew im Burgers Zoo in Arnheim Filmaufnahmen machte. Eine Drohne sollte die Schimpansen in ihrem Gehege aus verschiedenen Perspektiven filmen und auch Nahaufnahmen der Tiere einfangen. Doch die Menschenaffen waren von dieser Idee wenig begeistert: Bereits bei einem Testlauf reagierten sie auf die fliegende Kamera – und das auf für Schimpansen ungewöhnliche Weise. Denn einige der Menschenaffen schnappten sich Weidenzweige vom Boden und nahmen diese mit, als sie ein Klettergerüst erklommen.
Gezielte Attacke
Nun flog die nächste Drohne über das Gehege und begann mit den Aufnahmen. Dabei zoomte die Kamera auf die beiden Schimpansen-Weibchen, Tushi und Raimee. Die beiden saßen auf dem Gerüst und hielten die knapp zwei Meter langen Zweige in den Händen, die sie zuvor aufgesammelt hatten. Als die Drohne dann Tushi zu nahe kam, reagierte diese prompt: Sie hieb mit ihren Zweig durch die Luft und landete beim zweiten Schlag einen Treffer. Die Drohne fiel vom Himmel und fiel auf dem Boden des Geheges.
„Die Benutzung eines Stocks als Waffe war eine in diesem Kontext einzigartige Handlung“, kommentiert der Biologe Jan van Hooff vom Royal Burgers Zoo. „Sie schien sehr durchdacht, wenn man bedenkt, dass die Schimpansin sich bewusst dazu entschied, den Stock vom Boden aufzuheben und an einen Ort mitzunehmen, von dem aus die Drohne attackiert werden konnte.“
Absicht, nicht Angst
Auch das Minenspiel der Schimpansin spricht für pure Absicht hinter ihrer Attacke: Sie schnitt vor und während des Hiebs Grimassen und bleckte die Zähne. Obwohl ihr Gesicht damit ihre Anspannung verriet, waren keinerlei Anzeichen von Furcht zu erkennen, wie die Forscher berichten. Sie schließen daraus, dass die Affendame mit Absicht und Kraft auf die Drohne einschlug, nicht aus einem bloßen Abwehrreflex heraus oder aus Angst.
„Diese Begebenheit liefert uns weitere Indizien dafür, dass Schimpansen die Benutzung von Werkzeug vorausplanen können“, sagt Bas Lukkenaar. Denn schon früher hatten Beobachtungen bei freilebenden Schimpansen gezeigt, dass die Menschenaffen bei der Wahl ihrer Werkzeuge planvoll vorgehen und diese bei Bedarf auch bis zum eigentlichen Einsatz mit sich herumtragen.
Erfinderische Werkzeug-Nutzer
Auch die Arnheimer Schimpansendame Tushi ging planvoll vor: Sie suchte sich erst ein geeignetes Werkzeug, dann den günstigsten Standort für ihre Drohnenjagd. Weil weder Tushi noch ihre Artgenossen explizit gelernt oder trainiert hatten, Werkzeuge zu nutzen, unterstreicht dies ihre Fähigkeit, von Natur aus Objekte gezielt für ihre Zwecke einzusetzen. Gerade die Schimpansen im Burgers Zoo wurden schon häufiger dabei beobachtet, sich in dieser Hinsicht spontan Neues auszudenken.
So entwickelten einige der Arnheimer Zoo-Schimpansen in den 1980er Jahren die Angewohnheit, Artgenossen mit Sand zu bewerfen, wenn sie ihn ärgern oder vertreiben wollten. Kurioserweise scheint die heute im Gehege lebende Gruppe dies vergessen zu haben. Sie spielen dafür ab und zu verstecken, indem sie ihren Kopf unter einem Handtuch verstecken – nach dem Motto: Ich sehe dich nicht, dann siehst du mich auch nicht. (Primates, 2015; doi: 10.1007/s10329-015-0482-2)
(Springer Science & Business Media, 04.09.2015 – NPO)