Chemikalien in unberührter Natur: Auch die schneebedeckten Gipfel entlegener Gebirgszüge sind mittlerweile mit fluorierten Kohlenwasserstoffen belastet. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat die aus Outdoor-Kleidung stammenden Schadstoffe bei mehreren Expeditionen in die vermeintlich unberührte Natur aufgespürt. Dies belegt erneut die globale Verbreitung solcher Umweltgifte. In ihrem Bericht fordern die Umweltschützer darum die Verwendung unschädlicher Alternativen.
Vom Menschen produzierte Schadstoffe sind inzwischen praktisch auf der ganzen Welt nachweisbar. Die meist organischen Verbindungen erweisen sich als äußerst stabil und werden in der Natur kaum abgebaut. So bleiben sie über viele Jahrzehnte in der Umwelt und reichern sich durch Trinkwasser und Nahrung im Körper an. Über Regen, Wind und Meeresströmungen gelangen sie auch in abgeschiedene Gebiete der Erde.
Umweltgifte aus Outdoor-Kleidung
Da sie im Körper auch wie Hormone wirken können, gelten solche Stoffe als äußerst schädlich: Besonders bei Kindern können sie die geistige Entwicklung stören sowie Neurodermitis und Diabetes fördern.
Zu den besonders langlebigen Schadstoffen dieser Art gehören per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC). Sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Tierversuche deuten außerdem daraufhin, dass PFC unfruchtbar machen können. Chemikalien aus dieser Gruppe dienen beispielsweise in der Textilindustrie für wetterfeste Funktionskleidung und wasserdichte Schuhe. Sowohl bei der Herstellung von Outdoor-Kleidung als auch beim Tragen und schließlich nach dem Wegwerfen solcher Jacken und Schuhe gelangen die fluorierten Kohlenwasserstoffe in die Umwelt.
Um herauszufinden, wie weit sich diese Stoffe inzwischen verbreitet haben, hat Greenpeace hat nun in mehreren Expeditionen Wasser- und Schneeproben aus entlegenen Gebirgsregionen in Chile, China, Italien, Schweden, Norwegen, Finnland, Russland, der Türkei, der Slowakei und der Schweiz gesammelt. In einem unabhängigen Labor ließen die Umweltschützer diese Proben auf PFC untersuchen.
Chemischer Fußabdruck im Naturparadies
Die Ergebnisse präsentiert Greenpeace im Bericht „Chemie in unberührter Natur“ (pdf zum Download, 6,14 MB): In allen gesammelten Proben waren PFC nachweisbar. Am höchsten sind die gefundenen Werte in Europa, die chilenischen Anden sind etwas weniger mit PFC belastet. Die geringsten Konzentrationen der Schadstoffe fand eine der Greenpeace-Expeditionen auf 5.000 Metern Höhe in China.
Greenpeace zufolge stammen die gefundenen PFC aus der Outdoor-Branche. „Mit Sorge sehen wir, wie sich diese gefährlichen Stoffe global verteilen“, sagt Manfred Santen, Chemieexperte von Greenpeace. „In Naturparadiesen von China über die Schweiz bis Patagonien hinterlassen unter anderem Outdoor-Marken ihren chemischen Fußabdruck.“
Detox: Ausweichen auf unschädliche Alternativen
Die früher verbreitete Perfluoroctansulfonsäure ist mittlerweile verboten, lässt sich aber immer noch in Umweltproben nachweisen. Als Alternativen dienen nun kleinere PFC-Moleküle, die sich weniger im Körper von Mensch und Tier anreichern sollen. Diese kurzkettigen und flüchtigen Moleküle verbreiten sich jedoch noch schneller in der Umwelt und sind genauso langlebig wie die zuvor verwendeten Stoffe. Die Greenpeace-Mitarbeiter fanden kurzkettige PFC an allen besuchten Expeditionsorten. „Die Outdoor-Branche wirbt zwar mit unberührter Natur, verbreitet aber mutwillig umweltschädliche Chemie“, urteilt Santen.
Mit der Kampagne Detox will Greenpeace Textilhersteller überzeugen, auf derartige Risiko-Chemikalien zu verzichten. Über 30 Modemarken und Discounter haben bereits reagiert und beschlossen, PFC und andere Risiko-Chemikalien nicht mehr zu verwenden. Händler wie Lidl, Rewe und Aldi haben PFC bereits aus Regenkleidung für Kinder entfernt. Auch Adidas und Puma haben sich verpflichtet, Alternativen zu entwickeln und bis Ende 2017 in die Läden zu bringen. Kleinere Outdoor-Marken wie Paramo, Pyua, Rotauf und R’adys zeigen längst, dass Funktionskleidung frei von giftiger Chemie sein kann: Sie arbeiten mit fluorfreien recycelten Membranen aus Polyester und fluorfreien Imprägnierungen.
(Greenpeace, 08.09.2015 – AKR)