Überraschende Klimafolge: Bei einer Dürre leiden die vermeintlich robusten Baumriesen am stärksten. Sie reagieren sensibler auf Trockenheit als junge Bäume und sterben häufiger, wie sich nun zeigt. Das aber kann einen fatalen Teufelskreis auslösen: Große Bäume spielen eine überproportional wichtige Rolle als Puffer im Klimasystem. Sind die Baumriesen beeinträchtigt, könnte dies den Klimawandel daher noch mehr anheizen, warnen die Forscher im Fachmagazin „Nature Plants.
Die großen Wälder unseres Planeten sind seine grüne Lunge. Immerhin drei Billionen Bäume weltweit binden das Treibhausgas Kohlendioxid, geben Sauerstoff ab und bieten darüberhinaus unzähligen Tieren einen Lebensraum. Doch viele Wälder haben inzwischen zu kämpfen, denn durch den Klimawandel wird es vielerorts trockener, Dürren häufen sich.
„Die Auswirkungen einer Dürre auf den Wald hängt jedoch davon ab, welche Bäume am stärksten davon beeinträchtigt werden“, erklären Amy Bennet von der University of New Mexico in Albuquerque und ihre Kollegen. Sterben vor allem junge, kleine Bäume ab, dann hat dies erst für den zukünftigen Wald schwerwiegende Folgen. Gehen jedoch die alten, hohen Baumriesen ein, dann führt dies sofort zu überproportional großen Verlusten in der ökologischen Funktion und der Pufferwirkung des Waldes.
Große Bäume trifft es härter
Bisher jedoch war unklar, welche Bäume am stärksten unter einer Trockenheit leiden. Um das zu ändern, haben die Bennet und ihre Kollegen die Folgen von 40 Dürren in 38 verschiedenen Waldtypen näher untersucht. Die Spanne reichte dabei von tropischen Regenwäldern über die Laubwälder der gemäßigten Breiten bis zu halbtrockenen Baumsavannen und den Wäldern der warmen, trockenen Gebiete rund um das Mittelmeer.
Das überraschende Ergebnis: Nicht die vermeintlich anfälligeren jungen Bäume leiden am meisten unter Dürren, sondern die gestandenen Baumriesen. Ab einer Stammdicke von rund 50 Zentimetern sank das Wachstum der Bäume in trockenen Jahren überproportional stark ab. Gleichzeitig erhöhte sich die Anzahl der Bäume, die komplett abstarben, wie die Forscher berichten.
Mehr Wurzeln allein reicht nicht
Das erscheint auf den ersten Blick paradox. Denn gerade ein großer Baum hat nach landläufiger Meinung tiefer reichende, längere Wurzeln. Dadurch kommt er auch dann noch an Wasser, wenn die oberen Bodenschichten ausgetrocknet sind. Doch das stimmt nur bedingt, wie die Wissenschaftler erklären: Große Bäume haben zwar mehr Wurzelmasse, aber nicht unbedingt tiefere Wurzeln. Zudem gleicht der hohe Wasserbedarf ihrer gewaltigen Krone diesen Vorteil mehr als aus.
Hinzu kommt: „Große Bäume müssen ihr Wasser gegen die Schwerkraft in größere Höhen befördern“, so Bennet und ihre Kollegen. „Das macht sie ebenfalls anfälliger für eine Trockenheit.“ Die über die Spitzen der anderen Bäume hinausragenden Kronen dieser Bäume sind zudem stärkerer Sonne und Hitze ausgesetzt, was den Wasserbedarf zusätzlich erhöht. Die kleinen, jungen Bäume wachsen dagegen geschützt im Schatten der größeren heran.
Schwere Folgen für Wald und Klima
„Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass Trockenheit schwerwiegende Effekte vor allem auf große Bäume hat“, konstatieren Bennet und ihre Kollegen. Das jedoch sei für das Ökosystem Wald fatal. Denn es bedeutet, dass zunehmende Dürren sich unmittelbar auf den Baumbestand auswirken und damit auch auf die Fähigkeit der Wälder, CO2 aufzunehmen und zu speichern.
Der Verlust großer Bäume beeinträchtigt daher überproportional stark die Rolle des Waldes im Kohlenstoffkreislauf. Das wiederum mindert seine Pufferwirkung und kann den Klimawandel sogar noch verstärken – ein klassischer Teufelskreis. Und nicht nur das: „Die Baumriesen haben darüberhinaus eine ökologische Schlüsselrolle“, betont Bennet. „Von ihnen hängen viele Tier- und Pflanzenarten ab und ihr Niedergang beeinflusst daher unzählige andere Arten.“ (Nature Plants, 2015; doi: 10.1038/nplants.2015.139)
(Nature, 30.09.2015 – NPO)