Medizin

Medizin-Nobelpreis für Therapien gegen Parasiten

Drei Wissenschaftler teilen sich Preis für Malaria- und Fadenwurm-Medikamente

Bodenbakterien und ein chinesisches Heilkraut waren die Quellen für zwei bahnbrechende Medikamtente im Kampf gegen Parasiten. © Nobel Assembly / Karolinska Institutet

Gegen Rundwürmer und Malaria: Der Medizin-Nobelpreis geht an die Entdecker von bahnbrechenden Medikamenten gegen Parasiten. Zur Hälfte geht der Preis an den Iren William C. Campbell und den Japaner Satoshi Ōmura für die Entwicklung des Mittels Avermectine gegen die von Fadenwürmern ausgelöste Flussblindheit. Die andere Hälfte des Medizin-Nobelpreises erhält die Chinesin Youyou Tu, die anhand eines 700 Jahre alten Rezeptes ein wichtiges Medikament gegen Malaria entdeckte.

Von Mücken übertragene Parasiten plagen die Menschheit schon seit Jahrhunderten. Zu den bekanntesten und berüchtigtsten Krankheiten dieser Art gehört die von Einzellern ausgelöste Malaria. Ebenfalls weit verbreitete parasitische Erreger sind verschiedene Fadenwürmer: Befallen sie das Lymphsystem, so schwellen meist die Beine an und es entsteht die unangenehme und stigmatisierende Elephantiasis. In den Augen können solche Würmer die sogenannte Flussblindheit verursachen.

Vor allem in tropischen Regionen übertragen verschiedene Mückenarten die Parasiten, besonders betroffen sind viele Entwicklungsländer. Lange Zeit gab es nur wenig effektive Gegenmittel. Doch Anfang der 1980er Jahre erhielt die Medizin zwei schlagkräftige Waffen gegen diese Parasiten.

In dem Bakterium Streptomyces avermitilis fanden Omura und Campbell das hochwirksame Avermectin. © Nobel Assembly / Karolinska Institutet

Bodenbakterien gegen Fadenwürmer

Der japanische Mikrobiologe Satoshi Ōmura suchte in den 1970er Jahren nach antibiotisch wirksamen Naturstoffen. Als mögliche Produzenten hatte er Bodenbakterien aus der Gruppe der Streptomyceten im Blick. Diese sind zwar schwer zu kultivieren, hatten sich aberschon zuvor als ein Segen erwiesen: Schon 1952 ging der Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung und Isolierung des daraus gewonnen Antibiotikums Streptomycin an den Mikrobiologen Selman Waksman.

Die vielversprechendsten seiner Kulturen schickte Ōmura an den Iren William C. Campbell, darunter auch Bakterien der Art Streptomyces avermitilis. Der Parasitologe Campbell erkannte in seinem Labor in den USA, wie wirksam ein von diesen Bakterien produzierter Stoff sich gegen Fadenwürmer erwies: In das Futter von Labormäusen gemischt tötete es zuverlässig alle Würmer ab. Das isolierte Mittel erhielt nach den Bakterien den Namen Avermectin.

Dieser Stoff und dessen weiterentwickelte und noch wirksamere Form Ivermectin waren die Grundlage für eine ganz neue Klasse von Medikamenten, sowohl für Menschen als auch Nutztiere. Die Parasitenkrankheiten Elephantiasis und Flussblindheit gelangten durch die von Ōmura und Campbell ermöglichten Therapien mit solchen Mitteln an den Rand der Ausrottung.

Anhand traditioneller Rezepte chinesischer Heilkunst spürte Tu den Wirkstoff Artemisinin auf. © Nobel Assembly / Karolinska Institutet

Uraltes Rezept gegen Malaria

Der Kampf gegen Malaria sah Ende der 1960er Jahre düster aus: Das Medikament Chinin verlor langsam aber sicher seine Wirksamkeit, je mehr Resistenzen die verursachenden Parasiten der Gattung Plasmodium dagegen entwickelten. Die Anopheles-Mücken, die bei einem Stich die Erreger weiter verbreiten, sollten mit dem Insektenvernichter DDT ausgerottet werden, doch auch dieser Plan schlug fehl.

Auf der Suche nach neuen Therapien gegen Malaria durchsuchte die chinesische Forscherin Youyou Tu die traditionelle Medizin ihres Heimatlandes. Viele verschiedene Kräuter sollten helfen, doch die Forschungsergebnisse waren zunächst widersprüchlich. Ein rund 700 Jahre altes Rezept brachte die Wissenschaftlerin schließlich auf den richtigen Weg: Aus dem einjährigen Beifuß (Artemisia annua) isolierte Tu schließlich den Wirkstoff Artemisinin.

Tu konnte zeigen, dass Artemisinin sowohl in Menschen als auch Tieren die Malaria-Erreger abtötet. Da es die Plasmodien bereits in einem frühen Entwicklungsstadium angreift, ist es besonders wirksam. Auch dieser Wirkstoff wurde zum Vorreiter einer ganzen Klasse von neuen Medikamenten.

Artemisinin und Avermectin haben die Therapiemöglichkeiten gegen Parasiten grundlegend verändert und erweitert. Ivermectin wird heute praktisch auf der ganzen Welt eingesetzt: Es ist hochwirksam, hat wenige Nebenwirkungen und ist schnell und leicht verfügbar. Artemisinin wird immer noch gegen Malaria eingesetzt und senkt die Todesrate um 20 Prozent, bei Kindern sogar um 30 Prozent. Allein in Afrika rettet das Mittel so geschätzte 100.000 Menschenleben pro Jahr. Aus diesen Gründen bezeichnet das Nobel-Komitee den Nutzen der Entdeckungen von Ōmura, Campbell und Tu für die Menschheit als „unermesslich“.

(Nobel Assembly at Karolinska Institutet, 05.10.2015 – AKR)

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