Abkürzung zum Energiespeicher: Ein neues Material benötigt nichts anderes als Licht, um den vielseitigen Energieträger Wasserstoff aus einfachem Wasser zu gewinnen. Das Besondere daran: Dieser von deutschen Wissenschaftlern entwickelte polymere Photokatalysator ist chemisch robust, und die Rate der Wasserstoffproduktion lässt sich auf molekularer Ebene regulieren, berichten die Forscher im Magazin „Nature Communications“.
Wasserstoff gilt als vielversprechender Energiespeicher der Zukunft: Mit überschüssigem Ökostrom lässt sich Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten, diese Gase kann man effizient speichern. Der umweltfreundlich gewonnene Wasserstoff ließe sich als Kraftstoff für Fahrzeuge oder als Energieträger in Brennstoffzellen nutzen. Als Abgas entsteht dabei lediglich Wasser. Ein Nachteil dieser Technik ist jedoch ein gewisser Verlust beim Umwandeln von elektrischer Energie in chemische Energie.
Wasserspaltung ohne Strom?
Eine Abkürzung zu nehmen wäre einfacher: Anstatt erst aus Sonnenlicht Strom zu gewinnen und dann mit dem Strom Wasserstoff zu erzeugen, könnte das Licht direkt Wasser in seine Elemente zerlegen. Mit sogenannten Photokatalysatoren ist dies im Labor bereits möglich. Aber bisherige Materialien liefern nur eine sehr geringe Wasserstoff-Ausbeute und sind noch weit davon entfernt, effizient und alltagstauglich zu sein.
Das Forscherteam um Vijay Vyas vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart hat darum einen neuen Ansatz entwickelt, mit dem höhere Ausbeuten möglich sein sollen. Photokatalysatoren müssen über Elektronen verfügen, die sich mit sichtbarem Licht so anregen lassen, dass sie sich relativ frei bewegen. Nur so können sie auf ein fremdes Atom oder Molekül übergehen. Letztlich sind es diese Elektronen, die auf die Protonen im Wassermolekül übertragen werden – und somit elementaren Wasserstoff entstehen lassen.
Beleuchtetes Pulver lässt Wasserstoff entstehen
Zu diesem Zweck haben Vyas und Kollegen sogenannte kovalente organische Netzwerkverbindungen (COFs, covalent organic frameworks) entworfen. Dies sind kristalline, hochmolekulare Polymere, in denen bestimmte Ausgangsmoleküle zu sehr regelmäßigen, zwei- oder auch dreidimensionalen Strukturen vernetzt sind. Das aus diesen Molekülen bestehende pulverförmige Material gaben die Forscher in eine wässrige Lösung. Bestrahlten sie die Mixtur mit sichtbarem Licht, entstand elementarer Wasserstoff.
Allerdings mussten die Forscher ihrem pulverförmigen Polymer noch Platin-Nanopartikel und einen sogenannten Elektronen-Donor zusetzen. „Die Platinteilchen wirken als Mikroelektroden, an denen die Elektronen vom COF zum Wasserstoff übergehen“, erklärt Vyas. „Und der Elektronen-Donor ist nötig, um die im COF zurückbleibende positive Ladung wieder auszugleichen.“
Vorteil der verwendeten Netzwerkpolymere sind ihre passenden optischen und elektronischen Eigenschaften. Außerdem liefern sie eine relativ große Oberfläche und eignen sich deshalb gut als Katalysatoren. Entscheidend ist jedoch, dass Photokatalysatoren aus diesen Materialien auf molekularer Ebene gezielt verändert werden können.
Regulierung auf molekularer Ebene
So lässt sich der Prozess der Photokatalyse steuern. Den Forschern gelang es dadurch, die Rate, mit der das Material Wasserstoff erzeugt, zu regulieren. „Dies ist das erste Mal überhaupt, dass wir die photokatalytischen Eigenschaften eines COFs auf molekularer Ebene präzise einstellen können“, sagt Vyas.
In Zukunft wollen die Forscher diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Substanzen gezielt weiterzuentwickeln. Ein Ziel ist dabei, den Mechanismus der Photokatalyse in diesen Systemen genauer zu verstehen und das komplexe Zusammenspiel der Einzelkomponenten weiter zu verfeinern.
Denn trotz der ersten Erfolge sind auch diese Materialien leider noch weit davon entfernt, im industriellen Maßstab Wasserstoff aus Wasser und Sonnenlicht zu gewinnen. Dafür müsste sich das Material beispielsweise kostengünstig in größeren Mengen herstellen lassen und über lange Zeiträume stabil Wasserstoff produzieren. (Nature Communications, 2015; doi: 10.1038/ncomms9508)
(Max-Planck Gesellschaft, 08.10.2015 – AKR)