Es geht um unseren Kaffee: Durch den Klimawandel könnten importierte Genussmittel teurer und qualititativ schlechter werden. Denn häufigeres Extremwetter bedroht die Ernten von Kaffee, Orangen, Bananen und Haselnüssen in den Erzeugerländern, wie ein Bericht des WWF nun aufzeigt. Doch dies ist erst ein Vorgeschmack auf kommende Veränderungen, warnen Klimaexperten. Hilfe für die Landwirte in betroffenen Ländern und sinkende Treibhausgasemissionen sind darum dringend nötig.
Der Klimawandel wirft bekannte Temperaturverläufe und Niederschlagsprognosen durcheinander: „Höhere Temperaturen fördern in vielen Regionen die Verdunstung, oftmals geht das einher mit verstärkten Dürreperioden„, erklärt Klimaexperte Thilo Pommerening vom WWF Deutschland. „Zudem erwarten wir auch extremeren Starkregen mit Überflutungen.“ Pflanzenschädlinge könnten sich so stärker ausbreiten, außerdem ändern sich Wachstumsperioden und Bodenqualität.
In Zukunft mehr Ernteausfälle
Für Bauern, insbesondere in Übersee, können diese Folgen existenzbedrohend sein. „Bereits heute führt all das zu Ernteausfällen bei vielen Agrarrohstoffen und wird in Zukunft deutlich häufiger vorkommen“, sagt Pommerening. Auch in deutschen Supermärkten sind diese Ernteausfälle mittlerweile bemerkbar, wie die Experten des WWF am Beispiel von Kaffee, Bananen, Orangen und Haselnüssen festgestellt haben. Diese Genussmittel gehören in ihren Erzeugerländern oft zu den wichtigsten Exportgütern.
Die Hälfte des weltweiten Kaffeeanbaus findet in Brasilien und Vietnam statt und ist dort ein wichtiger Wirtschaftszweig. Als weltweit zweitgrößter Kaffee-Importeur bezieht Deutschland die Hälfte seines Rohkaffee-Bedarfs aus diesen beiden Ländern. Aber zunehmender Wassermangel hat die Kaffeeernte in den letzten Jahrzehnten bereits drastisch dezimiert.
Drohender Verlust der Hälfte aller Kaffeeanbauflächen
Vietnam gehört zu den am meisten vom Klimawandel betroffenen Ländern der Welt. Brasilien könnte bis 2070 rund ein Drittel der aktuell für den Kaffeeanbau geeigneten Gebiete verlieren, so die Forscher. Global gesehen könnte bis Mitte des Jahrhunderts sogar die Hälfte aller Kaffeeanbauflächen unbrauchbar werden.
Auch Bananen, das meist angebaute Obst der Welt, leiden stark. Wärmere Temperaturen, Stürme und Überflutungen begünstigen die großflächige Ausbreitung gefährlicher Bakterien und Pilzen, deren Bekämpfung sehr teuer ist. In Kolumbien, dem drittgrößten Exportland, könnten bis 2060 etwa 60 Prozent der heute für den Bananenanbau geeigneten Flächen durch den Klimawandel unbrauchbar werden.
Vertrocknete Orangen und Nüsse
Die Orangenernte wiederum ist durch Trockenheit bedroht. Die Hälfte des weltweit konsumierten Orangensafts kommt aus Brasilien, 80 Prozent der dort produzieren Orangen werden im Bundesstaat São Paulo angebaut. Inzwischen ist dort teilweise intensive Bewässerung notwendig, die in den 1960er und 1970er Jahren noch nicht nötig war. Die Anbaugebiete verschieben sich zudem aufgrund des Klimawandels in den Süden des Bundesstaates, wie die Forscher berichten. Auch die wichtigen Anbaugebiete in Kalifornien und Florida werden stets mehr betroffen sein – sei es durch Wassermangel oder aber auch durch den Anstieg des Meeresspiegels.
Im Falle von Haselnüssen dominiert die Türkei den Weltmarkt mit einem Anteil von über 70 Prozent an der weltweiten Produktion. Starke Ernteausfälle führten 2014 dazu, dass sich der Weltmarktpreis mehr als verdoppelte und viele deutsche Supermärkte in der Vorweihnachtszeit keine Haselnüsse anbieten konnten. Das türkische Umweltministerium rechnet für die gesamte türkische Landwirtschaft mit einer Verlagerung von Anbaugebieten und Ernteeinbußen – und in der Folge mit einem Wohlstandsrückgang für das Land.
„Das müssen wir dringend anpacken.“
Höhere Preise und schlechtere Qualität bei den importierten Lebensmitteln sind hierzulande direkt spürbare Konsequenzen des geänderten Klimas auch am anderen Ende der Welt. Selbst wenn diese indirekten Klimafolgen hierzulande noch zu verschmerzen sind, könnten sie für Landwirte und Farmarbeiter in den Anbauländern dramatisch sein. Stattdessen sollten die betroffenen Länder bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden, meinen die Wissenschaftler.
Mit den beschriebenen Fällen wolle der WWF darauf hinweisen, was der Menschheit blühe, wenn die Treibhausgasemissionen nicht deutlich sinken. „Die aktuellen Dürren in Brasilien und Kalifornien geben uns einen Vorgeschmack auf die Zukunft, wenn die Folgen des Klimawandels noch spürbarer werden“, urteilt Pommerening.
Untersuchungen einzelner ausgewählter Lebensmittel reichen noch nicht aus, um die zukünftige Situation zu erfassen. „Die Auswirkungen des Klimawandels auf die globale Nahrungsmittelversorgung insgesamt sind noch nicht gesamtheitlich erforscht“, sagt Pommerening. „Das müssen wir dringend anpacken.“
Link zur WWF-Fallstudie „Die Ruhe vor dem Sturm“
(WWF, 06.11.2015 – AKR)