Neurobiologie

„Weihnachts-Netzwerk“ im Gehirn entdeckt

Typische Weihnachts-Stimmung aktiviert fünf Areale in unserem Gehirn

Wenn wir in Weihnachtsstimmung sind, aktiviert dies ein Netzwerk aus fünf Arealen im Gehirn © Hougaard et al. /BMJ

Eine Mischung aus freudiger Erwartung und Nostalgie: Die typische Weihnachtsstimmung ist nicht nur ein Gefühl, man kann sie sogar sehen: im Gehirn. Forscher haben erstmals das typische Aktivitäts-Netzwerk dieses „Christmas Spirit“ im Gehirn sichtbar gemacht. Fünf Areale in unserm Denkorgan sind dabei besonders aktiv. Und: Bei Weihnachtsmuffeln fehlt dieses Muster, wie die Forscher in der Weihnachtsausgabe des „British Medical Journal“ berichten.

Es ist allmählich soweit: Heiligabend naht und langsam weicht der Vorweihnachts-Stress dem freudigen Vorgefühl auf das Fest. Typischerweise empfinden wir dabei eine Mischung aus Freude und Nostalgie, Assoziationen an Geschenke, Weihnachtslieder, angenehme Düfte und leckeres Essen steigen in uns auf. Im Englischen wird dieses Gefühl auch als „Christmas Spirit“ bezeichnet.

„Diese Weihnachts-Stimmung ist seit Jahrhunderten verbreitet“, erklären Anders Hougaard und seine Kollegen von der Universität Kopenhagen. „Wie genau sich dieses typische Gefühl aber im Körper manifestiert und was dabei im Gehirn geschieht, ist bisher nicht bekannt.“ Um das zu ändern, sind die Forscher den geheimnisvollen Weihnachtsgeist nun mit modernster Medizintechnik zu Leibe gerückt.

Weihnachtsbilder im Hirnscanner

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler die Hirnaktivität von 20 Probanden mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie (fMRT). Zehn Teilnehmer gehörten dabei zu den Menschen, die Weihnachten feiern und sich auf die Weihnachts-Stimmung einlassen, wie eine Befragung zuvor ergeben hatte. Die zehn anderen waren dagegen „Weihnachtsmuffel“, die mit Weihnachts-Traditionen nichts anfangen können und keine besonders positiven Gefühl mit dem Fest verbinden.

Alle Teilnehmer bekamen während des Hirnscans abwechselnd sechs neutrale und sechs typisch weihnachtliche Bilder per Videobrille zu sehen. „Diese wechselnde Sätze von Bildern erzeugten eine blockweise Stimulation“, so Hougaard und seine Kollegen. Das machte es leichter, mögliche Unterschiede in der Reaktion zu erkennen.

Hirnaktivität bei von Weihnachtsstimmung erfüllten Probanden (oben), bei Weihnachtsmuffeln und die Unterschiede zwischen beiden. © Hougaard et al. /BMJ

Fünf Hirnareale aktiv

Und tatsächlich: Bei den Teilnehmern, die jedes Jahr dem „Christmas Spirit“ anheimfallen, zeigte sich ein deutlich anderes Aktivitätsmuster im Gehirn. Fünf Hirnareale leuchten bei ihnen immer dann besonders stark auf, wenn sie weihnachtliche Bilder sahen. Bei den Weihnachtsmuffeln blieben diese Areal dagegen bei allen Bildern gleich. „Wir haben ein funktionelles Weihnachts-Netzwerk im Gehirn entdeckt, das aus mehreren Gebieten der Hirnrinde zusammengesetzt ist“, berichten die Forscher.

Zu diesem Netzwerk gehören der rechte Scheitellappen, die prämotorischen Zentren der linken Hirnseite und der primäre somatosensorische Cortex. Warum diese Hirnbereiche beim Weihnachts-Gefühl aktiv werden, ist gut erklärbar: „Die Scheitellappen spielen eine Rolle für die Transzendenz, den Wesenszug, der die Neigung zur Spiritualität beschreibt“, erklären Hougaard und seine Kollegen.

Spiegelneuronen und Weihnachtsmuffel

Der prämotorische Cortex wiederum ist wichtig, wenn wir Gefühle und Verhalten anderer interpretieren und teilen. Hier sitzen Spiegelneuronen, die es uns ermöglichen, uns in andere hineinzuversetzen. „Die Erinnerung an mit den Lieben geteilte Freude und das gemeinsame Weihnachtmahl lösen daher hier Aktivität aus“, so Hougaard.

„Natürlich kann etwas so magisches und komplexes wie die Weihnachts-Stimmung nicht allein auf diese Kartierung des Hirnaktivität heruntergebrochen werden“, betonen die Forscher. Doch die Lokalisation dieses Weihnachts-Netzwerks im Gehirn könnte vielleicht dazu beitragen, den vom Weihnachtsmuffel-Syndrom Geplagten zu helfen, ergänzen sie scherzhaft. (British Medical Journal (BMJ), 2015; doi: 10.1136/bmj.h6266)

(BMJ, 23.12.2015 – NPO)

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