Paläontologie

Penis in Bernstein konserviert

Weberknecht wurde vor 99 Millionen Jahren kurz vor dem Sex eingeschlossen

Dieser Weberknecht wurde vor 99 Millionen Jahren sozusagen "in Flagranti" beim Sex konserviert. © Naturkundemuseum Berlin / Jason Dunlop

In Flagranti ertappt: Vor rund 99 Millionen Jahren wurde ein Urzeit-Webknecht unsanft beim Sex gestört: Ein Tropfen Baumharz schloss ihn ein und konservierte damit das Spinnentier bis heute in paarungsbereiter Stellung. Deutlich ist der ausgestreckte Penis des Weberknechts im Bernstein zu erkennen. Das belegt, dass diese Tiere schon damals ihre Weibchen direkt begatteten, wie Forscher im Fachmagazin „Science of Nature“ berichten. Zudem erlaubt die Penis-Morphologie die Artbestimmung des Weberknechts.

Bernstein ist im Prinzip nichts anderes als Baumharz, das im Laufe der Zeit zu einer festen, halbtransparenten Masse erstarrt. Dem plötzlichen Tod von Urzeit-Tieren in diesem Harz verdanken wir viele Einblicke in die Lebensweise von urzeitlichen Insekten und Spinnentieren. So wurde frühe Brutpflege ebenso konserviert wie eine Stechmücke mit Blut im Bauch oder eine Spinne beim Angriff.

Voll ausgestrecktes Kopulationsorgan

Forscher um Jason Dunlop vom Museum für Naturkunde Berlin haben nun in einem kreidezeitlichen Stück Bernstein aus Myanmar einen besonders delikaten Fund gemacht: Sie entdeckten in dem 99 Millionen Jahre alten Harzklumpen einen Weberknecht mit voll ausgestrecktem Penis. Da die Weberknechte ihr Begattungsorgan normalerweise versteckt im Körper tragen, spricht dieser Fund dafür, dass das Spinnentier bei seinem Tod kurz davor war, sich mit einem Weibchen zu paaren.

„Dies ist der erste Beleg für ein männliches Kopulationsorgan, dass auf diese Weise in Bernstein konserviert wurde“, berichten Dunlop und seine Kollegen. „Wegen des hohen Alters des Fossils ist dieser Fund von besonderer Bedeutung.“ Denn der beim Sex ertappte Urzeit-Weberknecht demonstriert, dass diese Tiere auch schon damals eine direkte Begattung über ein solches Kopulationsorgan durchführten.

Der im Bernstein konservierte Weberknecht-Penis im Detail © Naturkundemuseum Berlin/ Jason Dunlop

Spachtelförmige Spitze

Aber nicht nur das: Bei den Weberknechten ist gerade die Feinstruktur des Penis extrem wichtig für die systematische Zuordnung der jeweiligen Art. Bisher aber ließ sich bei nur wenigen fossil erhaltenen Weberknechten die Penisstruktur erkennen, was den Vergleich mit lebenden Arten erschwert. Auch die systematische Einordnung der Art Halitherses grimaldii, zu der der Bernstein-Weberknecht gehört, war bisher strittig.

Der ungewöhnlich geformte Penis des Weberknechts und seine großen Augen klären nun jedoch seine Zuordnung: Das Paarungsorgan ist bei ihm an der Spitze spachtelförmig und hat einen Umriss wie ein Herz, aus dem ein kleiner Schlauch herausragt. Weil eine solche Form bei keinem heute lebenden Weberknecht bekannt ist, ordnen Dunlop und seine Kollegen den neuen Fund in eine eigene, neue Familie innerhalb der Unterordnung Dyspnoi ein. (The Science of Nature, 2016; doi: 10.1007/s00114-016-1337-4)

(Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, 01.02.2016 – NPO)

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