Rätselhaftes Verhalten: Biologen haben Schimpansen in Westafrika bei einem ziemlich ungewöhnlichen Verhalten ertappt. Die Menschenaffen werfen manchmal gezielt Steine gegen einen Baum, bis sich in oder neben ihm ein ganzer Steinhaufen gebildet hat. Warum die Schimpansen dies tun und warum dies bisher nur in Westafrika beobachtet wurde, ist rätselhaft. Es könnte sich aber um eine kulturell weitergegebene Tradition handeln, so die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“
Schimpansen sind gewiefte Werkzeugnutzer: Sie angeln mit Stöcken nach Termiten oder Ameisen, knacken Nüsse mit Hämmern aus Holz oder Stein oder werfen mit Steinen oder Zweigen, um Artgenossen zu imponieren. Manche Männchen reißen zudem mit den Lippen Blätter von einem Ast, um Weibchen zum Sex aufzufordern. Kürzlich nutzte eine Zoo-Schimpansin sogar einen Stock, um damit eine ihr lästige Kameradrohne anzugreifen.
Ziemlich rätselhaft ist dagegen ein Verhalten, das Biologen des Pan African-Programm in Westafrika entdeckt haben. Den Forschern fiel dort in vier Gegenden auf, dass neben Bäumen immer wieder auffällige Steinhaufen lagen. Da Einheimische diese Haufen nicht aufgeschichtet hatten, mussten sie von einem Tier stammen – aber von welchem?
Steinwurf an den Baum
Die Biologen stellten Kamerafallen auf, um das Rätsel zu lösen- und ertappten so die Urheber auf frischer Tat: „Unsere Kameras haben einzelne Schimpansen dabei gefilmt, wie sie Steine aufhoben, die sich neben oder innerhalb der Bäume befanden, die Steine dann gegen die Bäume warfen und dabei laute Rufe ausstießen“, berichtet Ammie Kalan vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Besonders oft konnten die Biologen das Steinewerfen bei erwachsenen Männchen beobachten, die gerade Artgenossen imponierten. Einige Aufnahmen der Kamerafallen zeigen aber auch Weibchen und Jungtiere bei diesem Verhalten. Das Seltsame daran: Bisher wurde ein solches Verhalten nur bei Schimpansen in Westafrika beobachtet. Und im Gegensatz zu anderer Werkzeugnutzung scheint das nun beobachtete Verhalten nicht mit der Nahrungssuche zusammenzuhängen.
Kultur statt Natur?
Seltsam auch: „Die Tiere zeigen das Verhalten auch, wenn Steine in dem Gebiet nicht im Überfluss vorkommen, oder wenn geeignete Bäume nicht vorhanden sind“, sagt Christophe Boesch, Direktor der Abteilung für Primatologie am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Zudem kommt es nur in Westafrika vor, nicht aber in Ostafrika. „Es ist also wahrscheinlich, dass es kulturelle Elemente aufweist.“
Damit könnte dieses Verhalten sogar zu neuen Erkenntnissen über das Verhalten unserer frühen Vorfahren führen, so die Forscher. Denn auch aus der Frühgeschichte des Menschen sind diverse Steinhaufen bekannt. In jedem Falle zeigen die Beobachtungen, dass Schimpansen sich keineswegs überall gleich verhalten und dass ein nur an wenigen Orten beobachtetes Verhalten nicht automatisch auch für andere Schimpansen-Populationen typisch ist. (Scientific Reports, 2016; doi: 10.1038/srep22219)
(Max-Planck-Gesellschaft, 29.02.2016 – NPO)