Astronomie

Mysteriöse Gleichrichtung von Schwarzen Löchern

Astronomen entdecken erneut Hinweis auf großräumige Richtungs-Trends im Kosmos

Die aktive Radiogalaxie Herkules A: So wie sie senden auch andere aktive Galaxienkerne Radio-Jets aus. © NASA/ ESA, STScI/AURA/ S. Baum and C. O'Dea (RIT), R. Perley and W. Cotton (NRAO/AUI/NSF)

Kosmologisches Rätsel: Astronomen haben erneut Hinweise für eine rätselhafte Gleichrichtung weit entfernter Galaxien entdeckt. Die Radio-Jets ihrer zentralen Schwarzen Löcher zeigen alle in die gleiche Richtung – obwohl sie Milliarden Lichtjahre auseinander liegen. Das aber könnte bedeuten, dass nicht nur Zufall die Materieverteilung und Galaxienbildung im frühen Universum beeinflusste, wie die Forscher erklären.

Die Galaxien im Kosmos sind nicht gleichmäßig verteilt, sondern bilden eine großräumige Struktur – ein kosmisches Netzwerk aus Gasfilamenten und Galaxien-Klumpen. Diese Großstrukturen sind ein Erbe von zufälligen Fluktuationen in der Zeit kurz nach dem Urknall und sollten daher im großen Maßstab auch zufällig sein.

Mysteriöse Gleichrichtung

Doch 2014 entdeckten Astronomen bei der Beobachtung von fernen Quasaren Überraschendes: Die von diesen aktiven Galaxienkernen ausgehenden Strahlenbündel zeigten nicht einfach in beliebige Richtungen, sondern schienen wie gleichgerichtet: Die Polarisation des Quasar-Lichts verriet, dass die Rotationsachsen dieser Gebilde über Milliarden von Lichtjahren hinweg in die gleiche Richtung zeigen.

Eines der Teleskope des Giant Metrewave Radioteleskop (GMRT) © Rohit Gowaikar/ CC-by-sa2.0

Erstmals haben nun Astronomen Ähnliches auch im Radiowellenbereich entdeckt – durch Zufall. Denn eigentlich führten Russ Taylor von der Universität Kapstadt und Preshanth Jagannathan vom US-National Radio Astronomy Observatory in New Mexico nur eine Bestandaufnahme schwacher Radioquellen in einem ein Grad großen Himmelsabschnitt mit dem Giant Metrewave Radioteleskop (GMRT) im indischen Pune durch.

Schwarze Löcher rotieren gleich

Dabei stießen sie auf 65 Radio-Jets von Galaxien, die ebenfalls nicht zufällig ausgerichtet sind. Stattdessen zeigen auch sie in die gleiche Richtung – und das über einen Bereich von einem Grad hinweg. Die intensiven Bündel von Radiowellen stammen von massereichen schwarzen Löchern in Herzen dieser weit auseinander liegenden Galaxien.

„Diese Gleichrichtung kann nur dadurch zustanden kommen, dass die Schwarzen Löcher in den Galaxienkernen alle in die gleiche Richtung rotieren“, erklärt Taylor. „Da diese Schwarzen Löcher aber nichts voneinander wissen und auch keine Möglichkeit haben, sich über diese gewaltigen Entfernungen hinweg zu beeinflussen oder Informationen auszutauschen, muss diese Gleichrichtung ihren Ursprung im frühen Universum haben.“

Eine Radiokarte der beobachteten Himmelsregion ELAIS-N1, die Radio-Jets sind in der linken Bidversion eingerahmt. © Russ Taylor

Widerspruch zu etablierten Theorien

Doch eine solche nicht-zufällige Verteilung oder Ausrichtung von Galaxien widerspricht dem, was man bisher über die Vorgänge nach dem Urknall zu wissen glaubte. „Dies ist auf der Basis unseres bisherigen Verständnisses der Kosmologie völlig unerwartet“, kommentiert Romeel Dave von der University of the Western Cape das Ergebnis seiner Kollegen. „Es ist ein wirklich bizarrer Fund.“

Offenbar muss zur Zeit der Galaxienbildung ein Einfluss existiert haben, der zumindest in einigen Bereichen des Alls zu dieser Gleichrichtung führte. Worum es sich dabei handeln könnte, ist jedoch noch völlig unklar. Theoretisch könnten dies kosmische Magnetfelder gewesen sein oder Felder, die von exotischen, bisher unbekannten Teilchen erzeugt wurden.

„Wir fangen erst an zu verstehen, wie die großräumige Struktur des Universums einst entstanden ist“, erklärt Taylor. Die mittlerweile zweite Beobachtung einer Gleichrichtung von Galaxienkernen spricht seiner Ansicht nach dafür, dass nun die Theoretiker nach möglichen Erklärungen für dieses Phänomen suchen sollten – denn es scheint real zu sein. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, in press; arXiv:1603.02418)

(Royal Astronomical Society (RAS), 13.04.2016 – NPO)

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