Blutsaugender Hybrid: Forscher haben in Österreich erstmals eine natürliche Kreuzung zweier Untertypen der Gemeinen Stechmücke entdeckt. Diese neue Mischform vereint vermutlich die Vorlieben beider Formen, wie die Forscher berichten. Sie ist demnach nicht auf das Blut von Säugern oder Vögeln spezialisiert, sondern ernährt sich von beiden. Damit könnte die Mücke Krankheitserreger von Vögeln auf den Menschen übertragen.
Stechmücken verbreiten eine Vielzahl von Krankheitserregern wie das West-Nil- oder das Dengue-Virus. Klimawandel und Globalisierung bewirken, dass auch Deutschland immer mehr Blutsauger erobern, die hierzulande zuvor nicht heimisch waren, und dass heimische Mücken vermehrt exotische Erreger übertragen.
Über die Mücken können auch jene tropischen Viren den Menschen befallen, die eigentlich nur in Vögeln vorkommen – zum Beispiel der Erreger des West-Nil-Fiebers. Das ist dann möglich, wenn eine Mückenart sowohl Vögel als auch Säugetiere sticht und damit das Virus von seinem ursprünglichen Wirt auf eine andere Spezies überträgt. Forscher um Carina Zittra von der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben nun erstmals eine Kreuzung zweier Formen der Gemeinen Stechmücke Culex pipiens entdeckt, auf die das zutreffen könnte.
Volkszählung bei den Hausmücken
Experten unterscheiden bei dieser Mückenart verschiedene sogenannte Ökoformen. Diese sind äußerlich kaum voneinander zu unterscheiden – zeigen aber unterschiedliche Verhaltensweisen. „In Österreich kommen zwei dieser Ökoformen vor“, berichten die Forscher: Culex pipiens f. pipiens und Culex pipiens f. molestus.
Für seine Studie hat das Team das Vorkommen dieser Mückenformen im Osten Österreichs untersucht. Dafür fingen die Wissenschaftler insgesamt 1.500 Mücken ein, um diese zu bestimmen.
Zu ihrer Überraschung fanden Zittra und ihre Kollegen jedoch nicht nur diese zwei bekannten Ökoformen von Culex pipiens. Sie stießen erstmals auch auf einen Hybrid der beiden.
Eine neue Mischform
Diese zuvor unbekannte Mischform ist eine natürliche Kreuzung zweier Mückentypen mit ganz unterschiedlichen Lebensweisen, wie die Wissenschaftler berichten: Culex pipiens f. pipiens ernährt sich vorwiegend von Vogelblut, pflanzt sich in einem Hochzeitsschwarm fort und braucht vor der ersten Eiablage eine Blutmahlzeit als Proteinzufuhr. Außerdem überwintert sie. Culex pipiens f. molestus bevorzugt dagegen das Blut von Säugern und Menschen, pflanzt sich in Einzelpaarungen fort und ruht im Winter nicht.
Welches Verhalten der Hybrid zeigt, muss laut Zittra erst noch untersucht werden. Zu erwarten sei allerdings keine so eindeutige Blutpräferenz wie bei den beiden herkömmlichen Culex pipiens-Formen. Das bedeutet: Es ist wahrscheinlich, dass sich die neue Kreuzung sowohl von Vogel- als auch von Säugerblut ernährt.
„Dadurch besteht die Gefahr, dass sie zu sogenannten Brückenvektoren werden“, schreiben die Forscher. Sie könnten dann Viren wie das West-Nil-Virus von Vögeln auf Säuger übertragen. Solche Erreger würden unter anderem von Zugvögeln ins Land gebracht, so die Wissenschaftler.
Hybrid ist zurzeit noch selten
Ein Grund zur Sorge sei das allerdings zunächst nicht. Denn die Häufigkeit der Hybride sei aktuell sehr gering, sagt Zittra. „Man darf das mögliche Vorkommen von Hybridformen bei zukünftigen Screenings jedoch nicht außer Acht lassen, vor allem weil sich die Hybride vermutlich fortpflanzen können.“
Wer sich vor Stechmücken schützen möchte, sollte den Forschern zufolge Wasserreservoirs wie Regentonnen regelmäßig ausleeren. In diese legen die Blutsauger gerne ihre Eier ab. (Parasites & Vectors, 2016; doi: 10.1186/s13071-016-1495-4)
(Veterinärmedizinische Universität Wien, 27.04.2016 – DAL)