Nanotechnologie

Kleinstes Thermometer der Welt konstruiert

Sensor aus modifizierter DNA reagiert noch auf Unterschiede von nur 0,05 Grad

DNA als Thermometer? Klingt seltsam, funktioniert aber erstaunlich gut. © Kotkoa

DNA als Thermosensor: Forscher haben das kleinste Thermometer der Welt konstruiert. Es ist nur fünf Nanometer dick und kann trotzdem noch Temperaturunterschiede von 0,05 Grad wahrnehmen. Das Geheimnis dahinter: Die Wissenschaftler haben das Erbmolekül DNA so abgewandelt, dass es sich bei Erwärmung linear und in definiertem Maß entfaltet. Durch seine Länge verrät es daher die Temperatur in seinem Umfeld.

Die DNA ist nicht nur das Molekül, das unserer genetische Information speichert und weitergibt, sie eignet sich auch als Baumaterial für Mikro- und Nanokonstruktionen verschiedenster Art. Denn ihre Doppelhelix-Struktur und die modulare Bauweise aus aufgereihten Basen macht sie stabil und vielseitig zugleich. So haben Forscher aus DNA bereits die kleinste Diode der Welt konstruiert, einen winkenden Nanoroboter oder winzige Ringe als Mikrobauteile.

Je wärmer, desto länger

David Gareau und seine Kollegen von der University of Montreal haben nun eine weitere Eigenschaft der DNA für ihre Konstruktion ausgenutzt: Das Erbmolekül verändert je nach Temperatur seine Länge. Wird die DNA erwärmt, faltet sie sich ein wenig weiter auf. Man vermutet, dass dieses Verhalten in lebenden Organismen als eine Art interner Thermosensor dienen könnte.

Durch gezielte Veränderung der Basensequenz haben die Forscher nun DNA-Moleküle erzeugt, deren Länge im Temperaturbereich zwischen 30 und 85 Grad Celsius linear und verlässlich zunimmt. Von diesen ist daher bereits im Vorhinein bekannt, wie lang sie bei bestimmten Werten sind. Misst man nun ihre Länge mit Hilfe von optischen Sensoren, verrät einem dies die Temperatur der DNA-Lösung.

Ein fünf Nanometer dünnes Thermometer

„Damit können wir Thermometer konstruieren, die nur fünf Nanometer dick sind, aber trotzdem ein leicht ablesbares Signal in Abhängigkeit der Temperatur erzeugen“, erklärt Gareaus Kollege Arnaud Desrosiers. Das DNA-Thermometer ist damit 20.000 Mal dünner als ein menschliches Haar, geht aber trotzdem bis auf 0,05 Grad genau, wie die Forscher berichten.

Getestet haben sie ihre Nano-Thermometer bereits: Sie füllten die Testgefäße eines Geräts für die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) mit ihrer in Wasser gelösten Thermometer-DNA und ließen die Reaktion ablaufen. Bei diesem Verfahren zur Vermehrung der DNA werden die Erbmoleküle mehrfachen Zyklen des Erwärmens und Abkühlens ausgesetzt. Wie die Forscher berichten, zeigten ihre DNA-Thermometer diese Temperaturschwankungen zuverlässig an.

Geeignet für Nanomaschinen und Zellen

Die extrem geringe Größe des DNA-Thermometers könnte ganz neue Anwendungen ermöglichen, wie Gareau und seine Kollegen erklären. In der Nanotechnologie könnten solche Nano-Sensoren beispielsweise künftig anzeigen, ob Nanomaschinen zu überhitzen drohen. Aber auch in uns selbst könnten die DNA-Thermometer zum Einsatz kommen:

„Wir wissen, dass die Temperatur im menschlichen Körper bei 37 Grad gehalten wird – aber bisher haben wir keine Ahnung, ob es im Nanomaßstab auf der Ebene der einzelnen Zellen trotzdem größere Abweichungen gibt“, erklärt Koautor Alexis Vallée-Bélisle. Würde man die Sensor-DNA in Zellen einschleusen, ließe sich das vielleicht ermitteln. (Nano Letters, 2016; doi: 10.1021/acs.nanolett.6b00156)

(University of Montreal, 28.04.2016 – NPO)

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