Doppelte Lebensbringer: Das erste irdische Leben könnte in den Einschlagskratern von Kometen entstanden sein. Denn wenn diese in flachen Meeren lagen, konnte sich in ihrem Krater eine geschützte, optimal für chemische Synthesen geeignete Umgebung bilden. Darauf deuten Analysen des Sudbury-Kraters in Kanada hin. Damit lieferten die Kometen vielleicht nicht nur Zutaten und Energie für die Lebensentstehung, sondern auch gleich die „Wiege“ dafür.
Bei der Entstehung des ersten Lebens in der „Ursuppe“ gibt es ein großes Problem: Im freien Wasser verdünnen sich die Zutaten zu stark, um sich zu Biomolekülen zusammenzulagern. Unter anderem deshalb vermuten Forscher die Wiege des Lebens heute eher in Poren im Vulkangestein, in Tonblasen, an unterseeischen Geysiren oder sogar in heißen Tümpeln an Land. Außerdem spricht inzwischen einiges dafür, dass zumindest einige Bausteine des Lebens aus dem All auf die Erde gekommen sein könnten – durch den Einschlag von Kometen.
Zeitreise im Impaktkrater
Doch wie Edel O’Sullivan vom Trinity College in Dublin und ihre Kollegen herausfanden, wirkten die Urzeit-Kometen möglicherweise noch auf eine zweite Art lebensfördernd. Indizien dafür fanden sie, als sie das Gestein im Sudbury-Krater in Kanada näher analysierten. Er entstand vor rund 1,8 Milliarden Jahren durch den Einschlag eines Kometen in einem damals flachen Meeresbecken.
„Aufgrund später tektonischer Kräfte sind nun alle Steine der einst rund 200 Kilometer breiten Struktur freigelegt“, erklärt Seniorautor Balz Kamber vom Trinity College. „Das macht es möglich, ein Querprofil über die gesamte Beckenfüllung zu erstellen. Für einen Geologen ist das wie eine Zeitreise vom Impakt-Ereignis durch die Folgegeschichte.“ Analysen der knapp 1,5 Kilometer dicken Ablagerungen, die sich nach dem Einschlag bildeten, lieferten dabei überraschende Ergebnisse.
Vom umgebenden Meer isoliert
Die Analysen ergaben, dass der Krater sich schon sehr früh nach dem Einschlag mit Meerwasser gefüllt haben muss. Die hohen Kraterwände sorgten dafür, dass dieses Becken dann für sehr lange Zeit fast vollständig vom umgebenden Meer abgetrennt blieb. „Es gibt klare Beweise für die Erschöpfung von Molybdän in der Wassersäule, und das weist deutlich auf eine geschlossene Umgebung hin, die vom umgebenden Ozean getrennt war“, berichtet O’Sullivan.
Der Kraterrand muss ihren Untersuchungen nach während der gesamten Ablagerung der kilometerdicken Formation intakt gewesen sein. In dieser Zeit bildete sich im Kraterbecken ein Mikroklima, das das Wachstum von Algen und anderen Mikroorganismen begünstigte. Erst sehr viel später brachen die Kraterränder in sich zusammen und frisches Meerwasser strömte nach.
Untersee-Geysire im Krater
Und noch etwas geschah: Durch den Einschlag wurde der Untergrund unter dem Krater so verändert, dass nun heiße Lava näher an die Oberfläche steigen konnte. Als Folge bildeten sich hydrothermale Schlote, wie die Analysen ergaben – und damit eine der Umgebungen, die als potenzielle Wiegen des Lebens gelten. Solche Untersee-Geysire könnten in der Frühzeit der Erde, vor Beginn der Plattentektonik, möglicherweise an anderen Stellen noch nicht existiert haben.
„Wenn man das Sudbury Becken als Analog für die frühe Erde sieht, dann deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass sich hydrothermale Systeme in den Kratern solcher großen Impaktstrukturen bildeten“, so die Forscher. Der Sudbury-Krater entstand zwar erst zu einer Zeit, als es schon reichlich Leben auf der Erde gab. Doch nach Ansicht der Forscher spricht einiges dafür, dass andere, früher entstandene Krater ähnliche Bedingungen boten.
Er könnte sich daher durchaus als Modell für eine mögliche „Wiege des Lebens“ auf der Urerde eignen. Zum einen gab es in solchen Kratern einen geschützten Raum, in dem sich chemische Verbindungen konzentrieren konnten, wie die Wissenschaftler erklären. Zum anderen lieferte die vulkanische Aktivität sowohl Energie als auch Mineralien und Salze. (Geochimica et Cosmochimica Acta, 2016; doi: 10.1016/j.gca.2016.04.007)
(Trinity College Dublin, 06.05.2016 – NPO)