Ein echter Glücksfall: Astronomen haben erstmals eine sehr kleine, lichtschwache Galaxie des sehr frühen Kosmos aufgespürt. Die Galaxie ist gut 13 Milliarden Jahre alt und hat nur ein Prozent der Sternenmasse unserer Milchstraße. Sichtbar wurde dieser Winzling nur dadurch, dass ein Galaxiencluster als Gravitationslinse wirkte und das ferne, schwache Licht verstärkte und vergrößerte.
Astronomen blicken heute immer weiter in die Vergangenheit unseres Universums zurück. Erst Anfang 2016 spürte das Weltraumteleskop Hubble die bisher älteste bekannte Galaxie auf, eine 13,4 Milliarden Jahre alte Sternenansammlung. Möglich war dies nur, weil diese Galaxie ungewöhnlich hell strahlte.
Jetzt ist Astronomen ein weiterer Rekord gelungen: Ein Team um Marusa Bradac von der University of California in Davis hat mit Hilfe der Keck-Teleskope auf Hawaii die bisher lichtschwächste Galaxie des jungen Universums entdeckt. Das ferne Objekt ist gut 13 Milliarden Jahre alt, besitzt eine Rotverschiebung von 6,846 und ist gemessen an der Milchstraße ein nur schwach schimmernder Winzling.
Kosmischer Linseneffekt
Möglich wurde die Entdeckung durch einen glücklichen Zufall: Direkt vor dieser fernen Mini-Galaxie lag ein massereicher Galaxiencluster, der als Gravitationslinse wirkte. Die Gravitationslinse vergrößerte und verstärkte das schwache Licht der fernen Galaxie und erzeugte gleich drei vergrößerte Abbilder.
„Wenn das Licht der Galaxie nicht um die Faktoren elf, fünf und zwei verstärkt worden wäre, hatten wir sie nicht entdecken können“, erklärt Erstautor Kuang-Han Huang von der UC Davis. Denn die Galaxie enthält nur rund ein Prozent der Sternenmasse der Milchstraße und ist daher eher sternenarm und lichtschwach. „So etwas kann man nur durch den Linseneffekt sehen“, sagt Huang. „Es ist eine eher gewöhnliche Galaxie – aber am Rand des für uns sichtbaren Universums.“
Entscheidende Epoche des frühen Universums
Wie die Forscher berichten, entstand diese Galaxie in einer entscheidenden Zeit des Universums – am Ende der Epoche der Reionisierung. In dieser Phase wandelte die intensive Strahlung der jungen Sterne die Wolken aus neutralem Wasserstoffgas zwischen den Sternen und Galaxien in Ionen um und schuf damit eine wichtige Voraussetzung für die weitere Entwicklung.
„Wir haben bisher ganz gute Daten darüber, wann diese Epoche der Reionisierung endete – etwa vor 12,5 Milliarden Jahren“, erklärt Huang. „Aber wir wissen nur wenig Details darüber, was in dieser Epoche geschah.“ Die nun neu entdeckte Galaxie könnte hier weitere Aufschlüsse geben, denn sie gehört zu der Population von Galaxien, die die Reionisierung vorantrieben – und dann beendeten.
„Diese Galaxie ist ein Schlüssel für die Beantwortung einer der fundamentalen Fragen der Astronomie: Was führte dazu, dass das Wasserstoffgas am Anfang des Kosmos vor rund 13 Milliarden Jahren von neutral zu ionisiert wechselte?“, sagt Marc Kassis vom Keck Observatorium. „Denn das ist die Zei5t, in der die Sterne zu leuchten begannen und die Materie immer komplexer wurde.“ (The Astrophysical Journal Letters, 2016: doi: 10.3847/2041-8205/823/1/L14)
(W.M. Keck Observatory, 23.05.2016 – NPO)