Einblicke in die letzte Ruhestätte von Homo naledi: Paläontologen haben mithilfe aufwendiger digitaler Verfahren das südafrikanische Höhlensystem kartiert, in dem vor kurzem eine neue Menschenart entdeckt wurde. Die dreidimensionale Karte offenbart erstmals die Struktur der nur schwer zugänglichen Höhle sowie die genaue Lage der Fossilien. Die Forscher erhoffen sich von ihr nun neue Erkenntnisse über den spektakulären Fundort.
Der umfangreichste Fund frühmenschlicher Fossilien, den Forscher je auf dem afrikanischen Kontinent entdeckt haben, hat dem Stammbaum des Menschen im vergangenen Jahr einen neuen Ast beschert: den Homo naledi. Bereits 2013 waren Paläontologen um Lee Berger von der Universität Witwatersrand in Südafrika auf die Skelette von mindestens 15 Hominiden dieser bis dahin noch unbekannten Menschenart gestoßen.
Doch die Untersuchung der Fossilien gestaltete sich schwierig. Denn die Überreste lagen verborgen in einer Kammer in dem verwinkelten Rising Star-Höhlensystem – und der 90 Meter vom Höhleneingang entfernte Fundort war nur über eine schmale Rinne zugänglich. Für die Ausgrabung musste das Team deshalb extra zierlich gebaute Frauen rekrutieren. Nun gewährt eine digitale Rekonstruktion der Höhle erstmals auch detaillierte Einsichten in ihre unzugänglichsten Winkel.
Mit Hightech zur 3D-Karte
Weil Berger als Forschungsleiter selbst nicht in das Höhlensystem vordringen konnte, setzten die Wissenschaftler bei der Ausgrabung auf eine Vielzahl von Hightech-Methoden: Hochaufgelöste Luftaufnahmen mithilfe von Drohnen, aufwendige Laserscans und Photogrammetrie-Verfahren lieferten den an der Oberfläche verbliebenen Forschern wichtige Erkenntnisse, um die nächsten Ausgrabungsschritte zu planen.
Sukzessive entstand dabei aus den zahlreichen Aufnahmen eine dreidimensionale Karte der Rising Star-Höhle inklusive der Dinaledi Kammer, in der die Skelette lagen. „Uns steht damit ein digitales Abbild des Fundorts zur Verfügung, das von der Landschaftsebene bis zum einzelnen Knochen alles zeigt“, berichtet das Team. Noch nie zuvor seien digitale bildgebende Verfahren in einem solchen Umfang bei einer Hominiden-Ausgrabung zum Einsatz gekommen, so die Forscher.
Kammer liegt tiefer als gedacht
Die präzise Rekonstruktion offenbart nicht nur, vor welche Herausforderungen das verwinkelte System die Ausgrabungshelfer stellte – sie gewährt auch neue Einblicke in die Lage und Beschaffenheit der Dinaledi Kammer: „Wir wissen nun zum Beispiel, dass der Raum etwa zehn Meter tiefer liegt als wir ursprünglich dachten“, berichtet das Team.
Nach Ansicht der Forscher könnte die 3D-Karte darüber hinaus für weitere Erkenntnisse sorgen. Sie erhoffen sich unter anderem Hinweise darauf, wie das Rising Star-System entstanden sein könnte und wie die Homo naledi Körper in die Kammer gelangten. „Auch die genaue Position der verstreuten Fossilien könnte möglicherweise interessante Aspekte offenbaren“, schließen die Wissenschaftler. (South African Journal of Science, 2016; doi: 10.17159/sajs.2016/20160032)
(University of the Witwatersrand, 31.05.2016 – DAL)