Neurobiologie

Männer und Frauen kooperieren unterschiedlich

Geschlechtsspezifisches Kooperationsverhalten zeigt sich auch im Gehirn

Männer kooperieren anders als Frauen © iStock.com/ Rawpixel Ltd.

Zusammen zum Erfolg: Wenn Männer ein Problem durch Kooperation lösen sollen, gehen sie an die Aufgabe anders heran als Frauen. Eine Studie zeigt nun, dass sich diese Unterschiede auch im Gehirn ablesen lassen. Während sich die Hirnströme bei gleichgeschlechtlichen Paaren während einer Zusammenarbeit sogar synchronisieren, gelingt das bei unterschiedlichen Geschlechtern nicht. Trotzdem klappt auch die Kooperation zwischen Männern und Frauen gut.

Ob zwischen Familienmitgliedern, Freunden, Kollegen oder Regierungen: Kooperation gehört wohl zu den wichtigsten Grundbausteinen menschlicher Gesellschaften. Schon Kleinkinder haben einen ausgeprägten Sinn für Zusammenarbeit – und verbünden sich zum Beispiel mit Opfern unfairen Handelns. Doch nicht bei allen Menschen sind die Bereitschaft und das Vermögen zu kooperieren gleich gut ausgeprägt.

Individuelle Unterschiede, aber auch das Geschlecht scheinen das Kooperationsverhalten zu beeinflussen. Studien haben gezeigt: Frauen sind kooperativer, wenn sie von anderen Frauen beobachtet werden – und auch, wenn sie gerade ihre Menstruation hatten. Männer hingegen kooperieren in großen Gruppen besser. In Zusammenarbeit mit einer Frau geben sie sich jedoch weniger kooperativ als das weibliche Gegenüber.

Kooperationsverhalten im Test

Warum sich Frauen und Männer in Sachen Kooperation oft so unterschiedlich verhalten, ist bisher unbekannt. Wissenschaftler um Allan Reiss von der Stanford University School of Medicine haben nun untersucht, ob sich die geschlechtsspezifischen Differenzen womöglich am Gehirn ablesen lassen – und tatsächlich Unterschiede entdeckt.

Für ihre Studie teilten die Forscher 222 Probanden in Paare auf, die entweder aus zwei Männern, zwei Frauen oder einem Mann und einer Frau bestanden. Die gemeinsame Aufgabe: Möglichst gleichzeitig auf einen Knopf drücken, wenn ein Kreis auf einem Bildschirm die Farbe wechselte. Insgesamt 40 Versuche hatte jedes Paar, um sich möglichst gut aufeinander abzustimmen. Dabei durften sich die Partner zwar anschauen, aber nicht miteinander sprechen. Sie erfuhren jedoch nach jedem Durchlauf, wer von beiden früher gedrückt hatte und wie groß der zeitliche Abstand war.

Bei diesem Kooperationsspiel beobachteten die Wissenschaftler mithilfe der Nahinfrarotspektroskopie zeitgleich die Gehirnaktivität beider Teilnehmer. „Diese Methode hat den Vorteil, dass die Probanden ganz normal agieren können und nicht wie etwa bei einer Magnetresonanztomografie stillliegen müssen“, erklären die Forscher. Der Test komme damit einer natürlichen Situation aus dem normalen Leben näher.

Geschlechtsspezifische Aktivitätsmuster

Die Ergebnisse zeigten: Im Durchschnitt kooperierten bei den gleichgeschlechtlichen Paaren die Männer besser als die Frauen. Sowohl bei den Mann-Mann als auch bei den Frau-Frau Paarungen offenbarte der Blick ins Gehirn, dass sich die Hirnaktivität der Partner beim Kooperationsversuch in bestimmten Regionen immer mehr annäherte und nahezu synchronisierte.

Der gleiche Takt der Gehirnwellen entpuppte sich als wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Sowohl für Männer als auch für Frauen galt: „Je synchroner die Gehirnaktivität bei den gleichgeschlechtlichen Paaren war, desto besser erfüllten diese die Aufgabe im Test“, berichten die Forscher. Allerdings synchronisierten sich die Hirnströme der männlichen Paare in ganz anderen Bereichen als bei den weiblichen: bei den Frauen hauptsächlich im rechten Temporallappen, bei den Männern in einem Teil des Frontallappens.

„Die Aktivitätsmuster von Männern und Frauen unterschieden sich im Test deutlich“, schreiben Reiss und seine Kollegen. Das zeigte sich auch bei den Mann-Frau Paaren. Trotz Zusammenarbeit glichen sich bei ihnen die Gehirnmuster nicht an. Überraschenderweise waren sie jedoch trotzdem genauso erfolgreich wie die ausschließlich männlichen Paare.

Der Unterschied liegt im „Wie“

Die Hintergründe für diese Zusammenhänge wollen die Forscher in Zukunft weiter erforschen. „Die Studie ist sehr explorativ und beleuchtet längst nicht alle Facetten geschlechtsspezifischen Kooperationsverhaltens“, gibt Reiss zu bedenken.

Eins sei jedoch sicher: „Es ist nicht so, dass eines der Geschlechter grundsätzlich besser kooperieren könnte als das andere oder dass Männer und Frauen nicht gut zusammenarbeiten können. Der Unterschied liegt einfach darin, wie sie kooperieren“, schließt er. (Scientific Reports, 2016; doi: 10.1038/srep26492)

(Stanford University Medical Center, 08.06.2016 – DAL)

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