Fast Zeitgenossen? Der rätselhaft kleinwüchsige Hobbit-Mensch und der Homo sapiens haben sich zeitlich nur knapp verpasst. Darauf deuten nun rund 41.000 Jahre alte Feuerstellen auf der indonesischen Insel Flores hin. Demnach könnten moderne Vertreter der Homo-Gattung die Heimat der Winzlinge schon früher besiedelt haben als bisher angenommen. Womöglich könnten sich die beiden Frühmenschen sogar begegnet sein, wie die Forscher im Fachmagazin „Journal of Archaeological Science“ spekulieren.
Seit der Entdeckung der ersten Homo floresiensis-Fossilien auf der indonesischen Insel Flores gibt diese ungewöhnlich kleine Menschenart Rätsel auf. Denn obwohl die Hobbit-Menschen mit ihrem winzigen Gehirn und der Körpergröße eines Kindes äußerst primitiv erscheinen, lebten sie fast zeitgleich mit dem Homo sapiens.
Datierungen zufolge starb Homo floresiensis vor rund 50.000 Jahren aus – kurz bevor die ersten modernen Menschen vom asiatischen Festland auf die Inseln Indonesiens einwanderten. Eine Entdeckung von Mike Morley von der University of Wollongong und seinen Kollegen in der Fundhöhle des Homo floresiensis zeigt nun: Die Hobbits verpassten die Ankunft des Homo sapiens womöglich noch knapper als bisher gedacht.
Die ältesten Feuerstellen auf Flores
Denn bei ihrer Untersuchung des Untergrunds der Höhle fanden die Forscher Hinweise auf frühe Aktivitäten von modernen Menschen. Die Forscher hatten Sedimente aus der Höhle Schicht für Schicht unter dem Mikroskop analysiert und waren dabei auf Holzkohle und anderes, teils dicht konzentriertes, zerfallenes Verbrennungsmaterial gestoßen – für sie ein Zeichen dafür, dass hier Menschen Feuer gemacht und gekocht hatten.
Das Besondere: Den Radiokarbondatierungen zufolge sind die Materialien zwischen 41.000 und 24.000 Jahre alt. Damit gehören sie zu den ältesten Belegen für die Existenz moderner Menschen in Südost-Asien überhaupt. Zugleich sind sie die ältesten Überreste menschengemachter Feuerstellen in der Höhle auf Flores.
„Die neuen Funde verkleinern nun das Zeitfenster zwischen dem Ableben des letzten Homo floresiensis und der Ankunft des ersten Homo sapiens“, sagt Morley. Zudem schließen die verbrannten Überreste eine wichtige Lücke in der Geschichte der Höhle. Belege dafür, was vor 46.000 und 20.000 Jahren dort vor sich ging, fehlten den Wissenschaftlern bisher völlig.
Hobbit war kein Koch
Doch waren es wirklich Vertreter des modernen Menschen, die in der Höhle schon vor rund 40.000 Jahren Feuerstellen errichteten? „Einige Wissenschaftler haben auch den Homo floresiensis mit der Nutzung von Feuer in Verbindung gebracht. Unsere chronologische Interpretation der Fundstelle spricht aber gegen solche Thesen“, schreiben Morley und seine Kollegen.
So weisen etwa die Steinwerkzeuge der Hobbit-Menschen, die in der Höhle gefunden wurden, kaum Feuer- oder Brandspuren auf. Im Gegensatz dazu waren knapp 18 Prozent aller Homo sapiens-Artefakte einmal Flammen ausgesetzt, wie die Forscher berichten. „Es gibt keine eindeutigen Beweise dafür, dass Homo floresiensis während seiner rund 130.000-jährigen Anwesenheit auf der Insel systematisch Feuer genutzt hat“, so ihr Fazit. „Der moderne Mensch ist deshalb der wahrscheinlichste Urheber der Feuerstellen.“
Trafen sich moderner Mensch und Hobbit?
In Zukunft wollen die Wissenschaftler die Hobbithöhle weiter unter die Lupe nehmen. Sie erhoffen sich dadurch, weitere Hinweise auf die frühe Ankunft des Homo sapiens zu entdecken. Eine Frage interessiert sie dabei besonders: Könnten die beiden Frühmenschen-Gruppen sich womöglich doch auf der Insel begegnet sein?
„Wir suchen nun nach Belegen, die das Zeitfenster zwischen dem Auftreten der beiden Arten weiter schließen. Sollte sich die Ankunft des Homo sapiens mit der Anwesenheit des Hobbits überschnitten haben, könnte das eine Erklärung für das Verschwinden des Winzlings sein“, sagt Morley. Der moderne Mensch könnte seinen primitiven Zeitgenossen demnach womöglich aus seiner Heimat verdrängt haben. (Journal of Archaeological Science, 2016; doi: 10.1016/j.jas.2016.06.004)
(University of Wollongong/ Journal of Archaeological Science, 30.06.2016 – DAL)