Medizin

Reisende importieren „Super-Keime“

Forscher weisen Colistin-resistente Erreger in Stuhlproben von Touristen nach

Darmbakterien, hier Escherichia coli. © iStock.com

Gefährliches Souvenir: Fernreisende schleppen immer wieder neue resistente Erreger nach Europa ein. Forscher haben festgestellt, dass drei von vier Touristen, die aus Indien in die Schweiz zurückkehrten, mit multiresistenten Keimen infiziert waren. Die Erreger waren sogar gegen das Notfall-Antibiotikum Colistin immun. Damit würde eine wichtige Therapiemethode gegen multiresistente Keime wegfallen und das Risiko steigen, einer tödlichen Krankheit zum Opfer zu fallen.

Das Antibiotikum Colistin galt bisher als Mittel der letzen Wahl gegen multiresistente Erreger. Weil das Mittel starke Nebenwirkungen hat und die Nieren schädigen kann, wurde es lange kaum verwendet. Dadurch jedoch ist es heute vor allem gegen multiresistente Enterobakterien wie Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae noch wirksam. Gegen einige Stämme dieser Erreger helfen selbst gängige Reserve-Antibiotika nicht mehr.

Blinde Passagiere

Nun wird die Wirksamkeit des Colistins allerdings bedroht, wie Andrea Endimiani von der Universität Bern und ihre Kollegen im Rahmen einer Studie entdeckt haben. Dafür untersuchten sie die Stuhlproben von 38 in die Schweiz zurückkehrenden Reisenden, die sich im Durchschnitt 18 Tage lang in Indien aufgehalten hatten. 39 Prozent von ihnen litten nach ihrer Rückkehr an Reise-Durchfall und zusätzlichen Symptomen.

Das Ergebnis: 76 Prozent der rückkehrenden Touristen waren mit multiresistenten Bakterienstämmen besiedelt, wie die Forscher berichten. Noch beunruhigender aber: Elf Prozent der Reisenden trugen Colistin-resistente Bakterienstämme in sich. Damit würde die letzte Antibiotika-Option gegen solche Keime wegfallen. Erste Stämme mit dieser Resistenz waren bereits 2015 in China bei Menschen, Nutztieren sowie in Geflügelfleisch entdeckt worden.

Das Stäbchenbakterium Klebsiella © CDC

Auslöser für diese Resistenz ist ein bestimmtes Gen in den Bakterienstämmen: das mcr-1-Gen. Dieses Gen wird durch Plasmide weitergegeben und kann sich deshalb ungehindert unter den Darmbakterien ausbreiten – auch andere Erreger können so die Colistin-Resistenz erwerben. Durch das mcr1-Gen produzieren die Bakterien Enzyme, welche sie gegenüber Antibiotika wie zum Beispiel Colistin unempfindlich machen.

„Hohes Risiko“

Molekulare Analysen ergaben, dass diese lebensgefährlichen Bakterien durch die Umwelt oder durch die Nahrungskette in Indien aufgenommen worden waren. Dabei besteht auch für gesunde Träger von Super-Keimen ein hohes Risiko, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt an Harnwegsinfektionen oder an einer Blutvergiftung erkranken, da diese Erreger dann schwer zu bekämpfen sind.

„Die Ansteckung mit Colistin-resistenten Bakterien auf Reisen ist ein Phänomen, das wir sorgfältig beobachten müssen, um die Ausbreitung von solch unbehandelbaren Super-Keimen in der Schweiz zu verhindern – einem Land, das von diesem Problem noch relativ unberührt ist“, sagt Endimiani. Die Forscher empfehlen deshalb, schnellstmöglich spezifische und engmaschige Monitoringprogramme einzuführen, um unerwartete Krankheitsausbrüche wegen der Darmbakterien mit dem mcr-1-Gen zu unterbinden. (PubMed; 2016; doi:10.1128/AAC.00731-16)

(Universität Bern, 20.07.2016 – TKR)

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