Folgenreicher Brückenschlag: Die Landverbindung zwischen Nord- und Südamerika ist offenbar doch jünger als bisher angenommen. Statt schon vor zehn Millionen Jahren, wie im letzten Jahr postuliert, schloss sich der trennende Meeresarm erst vor rund 2,7 Millionen Jahren, wie eine erneute Prüfung aller geologischen und biologischen Belege ergab. Die Indizien für eine ältere Landbrücke seien dagegen wenig beweiskräftig, so die Forscher im Fachmagazin Science Advances“.
Die Bildung der Landbrücke von Panama gilt als eines der prägenden Naturereignisse der Erdneuzeit: Diese neue Verbindung zwischen zwei Kontinenten veränderte das Leben an Land und in den umgebenden Ozeanen fundamental. Plötzlich waren Meeresorganismen in Pazifik und Atlantik voneinander getrennt, dafür konnten Landtiere und Pflanzen ganz neue Gebiete erobern.
Vor drei oder vor zehn Millionen Jahren?
„Zu wissen, wann und wie sich die Landbrücke von Panama bildete, ist entscheidend, um dieses größte ‚Experiment der Natur‘ zu verstehen“, erklären Aaron O’Dea vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und seine Kollegen. Doch genau das strittig. Lange nahm man an, dass ein Meeresarm noch bis vor drei Millionen Jahren die Kontinente trennte. Doch 2015 publizierten Camilo Montes von der Universität der Anden und seine Kollegen Indizien dafür, dass es die Landbrücke schon vor zehn Millionen Jahren gab.
Was aber stimmt nun? Um das zu klären, haben O’Dea und seine Kollegen nun noch einmal alle geologischen, paläontologischen und molekularbiologischen Daten zu diesem Thema analysiert und auch die umstrittenen Indizien von Montes und seinem Team einer erneuten Überprüfung unterzogen.
Landbrücke erst vor 2,76 Millionen Jahren
Ihr Ergebnis: Eine echte, durchgehende Landverbindung zwischen den beiden Kontinenten kann erst vor rund 2,76 Millionen Jahren entstanden sein. Erst dann endete der Wasseraustausch zwischen Pazifik und Atlantik endgültig und erst zu diesem Zeitpunkt wanderte eine größere Zahl von Tier-und Pflanzenarten von Nord- nach Südamerika ein und umgekehrt. Das belegen biologischen und paläontologischen Analysen, so die Forscher.
Allerdings bahnten sich diese Veränderungen schon vorher an: Vor rund 30 Millionen Jahren schufen Vulkane und die Kollision von Erdplatten einen Inselbogen, der die Kontinente verband, wie Gesteinsanalysen zeigen. Die einzelnen Inseln waren durch breite, flache Meeresstraßen getrennt. „Die Daten sprechen dafür, dass durch diese Meerengen noch bis mindestens vor 3,2 Millionen Jahren große Mengen Wasser mit starker Strömung in die Karibik strömten“, berichten O’Dea und seine Kollegen.
Eiszeit als Brückenbauer
Der Inselbogen könnte erklären, warum einige südamerikanische Faultiere, Kleinbären und der Terrorvogel schon vor fünf bis neun Millionen Jahren in Nordamerika auftauchten: Sie nutzten eine Kombination aus Insel-Hüpfen und natürlichen Flößen aus Pflanzenresten und Treibholz, um die Meerengen zu überwinden. „Einige urzeitliche Primaten und Nagetiere haben so sogar den Atlantik überquert“, so die Forscher.
Die entscheidende Wende kam erst, als vor rund drei Millionen Jahren eine Eiszeit begann. Die wachsenden Gletscher ließen die Meeresspiegel weltweit absinken und legten die Meerengen im Panamabogen trocken. Dieses Kappen der letzten Verbindungen zwischen Pazifik und Atlantik spiegelt sich in Meeressedimenten und Fossilien aus jener Zeit wider – und es gehört zu den Phänomenen, die Montes‘ Szenario einer frühen Landbrücke nicht erklären kann.
Indizien von 2015 entkräftet
Die neuen Analysen enthüllen zudem, dass die 2015 aufgeführten Indizien weniger stichhaltig sind als gedacht. Die Forscher hatten damals 13 bis 15 Millionen Jahre alte Zirkoneinschlüsse in urzeitlichen Flussablagerungen Nord-Kolumbiens untersucht und ihren Ursprung jenseits des Great American Seaway in Panama verortet. Von dort kann das Flusswasser erst nach Süden geströmt sein, wenn damals schon die Landbrücke existierte – so die Schlussfolgerung von Montes und seinem Team.
Doch dem widersprechen nun O’Dea und seine Kollegen. Es sei nicht korrekt, dass Panama damals die einzige mögliche Quelle für diese Zirkone gewesen sein könne, konstatieren sie. „Allein in der Andenregion Südamerikas wurden bereits mehr als 30 Örtlichkeiten identifiziert, in denen Zirkone mit exakt diesem Alter vorkommen“, so die Forscher. Zudem gebe es in dem Gebiet, das der Urzeitfluss damals durchströmt haben soll, nur Meeressedimente.
„Unsere Review enthüllt damit, dass die Belege, die für eine ältere Landbrücke angeführt wurden, nicht beweiskräftig sind“, konstatieren die Wissenschaftler. „Wir warnen daher vor einer unkritischen Annahme einer Landbrücke vor dem Pliozän.“ (Science Advances, 2016; doi: 10.1126/sciadv.1600883)
(AAAS, 18.08.2016 – NPO)