Sie dürfte eigentlich nicht existieren – und doch ist sie da: Auf dem Saturnmond Titan haben NASA-Forscher eine Eiswolke aus Dicyanoethin (C4N2) entdeckt, die Rätsel aufgibt. Denn in der Stratosphäre des Mondes gibt es so gut wie keinen Dampf dieses Moleküls. Eine Kondensation zur Wolke ist demnach eigentlich unmöglich. Wie aber könnte diese rätselhafte Wolke sonst entstanden sein?
Das Rätsel begann schon mit der Raumsonde Voyager 1: Bei ihrem Vorbeiflug am Saturnmond Titan im Jahr 1980 sendete ihr Infrarot-Spektrometer Daten, die auf die Existenz einer Eiswolke aus der Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung Dicyanoethin (C4N2) hindeuteten. Prinzipiell wäre dies in der Atmosphäre des Titan nichts Außergewöhnliches, denn dort gibt es genügend organische Verbindungen, die diese beiden Elemente enthalten.
Kein Dampf weit und breit
Das Seltsame aber: Normalerweise bilden sich Wolken, wenn die gasförmige Variante eines Stoffs kondensiert oder zu Eis auskristallisiert. Auf der Erde wird beispielsweise Wasserdampf in der Luft durch plötzliche Abkühlung zu Wolkentröpfchen. Je nach Druck und Temperatur stehen dabei gasförmige und flüssige oder feste Form des Stoffs in einem Gleichgewicht.
Doch die mysteriöse Titanwolke schien diesem Naturgesetz zu widersprechen: Das Voyager-Messgerät konnte so gut wie kein gasförmiges Dicyanoethin in der Titanatmosphäre nachweisen. Die Wolke schwebte stattdessen inmitten einer „Wüste“, was dieses Molekül angeht. Um ihre Existenz erklären zu können, müsste hundertfach mehr Dicyanoethin-Dampf vorhanden sein.