Gesellschaft

Stresst Einsamkeit Frauen mehr?

Versuche mit Mäusen sprechen für eine höhere Sensibilität gegenüber sozialer Isolation

Versuche deuten darauf hin, dass weibliche Teenager auf Isolation eher mit Stress reagieren, als junge Männer. © Jupiterimages/ iStock.com

Stressverursacher Einsamkeit: Für junge Frauen könnte Einsamkeit mehr Stress bedeuten als für Männer. Das legen Versuche an Mäusen nahe. Denn während junge Weibchen auf soziale Isolation mit Stress reagierten, zeigten ihre männlichen Artgenossen keine Auffälligkeiten. Bei physischem Stress, wie dem Schwimmen, reagierten dagegen beide Geschlechter gleich.

Stress ist ungesund, beeinträchtigt das Gedächtnis und kann sogar zu Unfruchtbarkeit bei Frauen führen. Es sprechen also einige Gründe dafür, unser Stresslevel zu reduzieren. Eine Möglichkeit des Stressabbaus ist dabei die soziale Interaktion mit anderen Menschen. Das genaue Gegenteil passiert dagegen, wenn uns dieses soziale Netzwerk fehlt. Denn auch soziale Isolation kann eine Quelle von Stress sein.

Aber nicht jeder reagiert auf Einsamkeit gleich stark: „Jüngste Forschung deutet darauf hin, dass junge Mädchen sensibler auf sozialen Stress reagieren als Jungen“, erklärt Jaideep Bains von der University of Calgary. „Das könnte bedeuten, dass soziale Netzwerke für Frauen allgemein wichtiger sind“. Wie sich Isolation und Einsamkeit auf beide Geschlechter und deren Stressmerkmale auswirken, haben er und seine Kollegen nun untersucht.

Einsame Mäuse

Für ihre Tests untersuchten die Forscher junge Mäuse, die seit ihrer Geburt in Gruppen mit Artgenossen des jeweils gleichen Geschlechts lebten. Einige dieser Mäuse durften weiterhin in ihrer Gruppe bleiben, andere wurden paarweise, jeweils ein Männchen und ein Weibchen, zusammengesetzt. Mäuse einer dritten Gruppe wurden jedoch für 16 bis 18 Stunden komplett von ihren Wurfgeschwistern isoliert.

Um herauszufinden, wie sich diese veränderten sozialen Umstände auf das Stressniveau der Mäuse auswirkten, untersuchten die Forscher das Gehirn der Tiere. Sie analysierten die Aktivität jener Gehirnzellen, die die Freisetzung von Stresshormonen steuern und maßen zusätzlich die Menge der Stresshormone im Blut der Mäuse.

Weibchen reagieren gestresster

Dabei entdeckten die Forscher deutliche Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Mäusen: Wurden die Mäuseweibchen von ihren Gechlechtsgenossinnen isoliert, reagierten sie gestresst. Die Freisetzung der Stresshormone stieg bei ihnen an und auch die Aktivität der dafür verantwortlichen Gehirnzellen, wie die Forscher berichten.

Anders dagegen bei den Männchen: Sie zeigten selbst nach stundenlanger Einsamkeit keine stressbedingten Veränderungen. Offenbar empfinden nur junge Mäuseweibchen, nicht aber die Männchen, soziale Isolation als Stress. Auf den Menschen übertragen könnte das bestätigen, dass junge Mädchen tatsächlich sensibler auf Ausgrenzung und Einsamkeit reagieren.

Keine Unterschiede bei körperlichem Stress

Um zu überprüfen, ob wirklich nur der soziale Stress diese geschlechtsspezifische Wirkung hat, führten die Forscher ein weiteres Experiment durch: Sie setzten die Tiere körperlichem Stress aus. Dafür mussten die Mäuse zwanzig Minuten in einem Wasserbecken schwimmen, ohne auf festen Boden gelangen zu können.

Dabei zeigte sich: Den physischen Stress des erzwungenen Dauerschwimmens schienen beide Geschlechter gleich zu empfinden. Nach dem Schwimmen zeigten die Männchen dieselbe Stressreaktion wie die sozial isolierten Weibchen.

Stressbewältigung ist geschlechterabhängig

Diese Ergebnisse zeigen: Die Reaktion auf sozialen Stress ist geschlechterabhängig. Während die Geschlechter scheinbar gleich empfindlich gegenüber körperlicher Anstrengung sind, zeigen sich bei sozialer Isolation deutliche Unterschiede. Demnach scheinen nur weibliche Mäuse sich auch durch Einsamkeit gestresst zu fühlen.

„Unsere Ergebnisse werfen die spannende Frage auf, ob soziale Veränderungen oder Umweltveränderungen während der Pubertät langfristige Folgen haben und dadurch beeinflussen, wie Männer und Frauen auf stressige Situationen im späteren Leben reagieren“, sagt Baimoukhametova. Zudem zeige die Studie, wie wichtig die geschlechterspezifische Auswahl der Versuchstiere sei – besonders wenn es um die Wirkung von Stress auf das Gehirn geht. (eLife2016;10.7554/eLife.18726)

(University of Calgari, 12.10.2016 – HDI)

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