Die Vogelgrippe ist wieder da: Die 2014 erstmals in Europa aufgetauchte H5N8-Variante des Influenza-Virus breitet sich offenbar erneut bei uns aus. In Polen und auch in Deutschland ist die Rückkehr des Erregers bestätigt worden – zahlreiche tote Wasservögel in Schleswig-Holstein hatten zuvor auf einen Ausbruch hingedeutet. H5N8 kann vor allem für domestiziertes Geflügel extrem gefährlich werden. Menschen macht das Virus nach derzeitigem Kenntnisstand nicht krank.
Die Vogelgrippe ist nichts Neues: Influenza-Viren befallen schon seit tausenden von Jahren Wildvögel und auch Hausgeflügel. Doch Vogelgrippe ist nicht gleich Vogelgrippe: Experten unterscheiden heute mindestens fünfzehn verschiedene Varianten der Viruserkrankung. Zuletzt grassierten in Asien unter anderem die Vogelgrippe-Viren H7N9 und H10N8. Ein Anfang 2014 in Südkorea aufgetauchter Stamm schaffte es schließlich auch nach Europa: H5N8.
Der hochpathogene Virustyp befiel erstmals im Winter 2014/ 2015 Geflügeltiere in Mastbetrieben in Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Deutschland – er war von infizierten Zugvögeln eingeschleppt worden, die den Erreger von Asien über ihre Brutstätten in der Arktis bis nach Nordamerika und auf den europäischen Kontinent brachten. Nun ist das Virus zurückgekehrt.
Tote Enten in Schleswig-Holstein
Nahe der polnischen Stadt Stettin haben die Behörden den erneuten Ausbruch einer Vogelgrippe vom Subtyp H5N8 gemeldet – und nicht einmal 500 Kilometer Luftlinie entfernt sind am Strand dreier Seen um die schleswig-holsteinische Stadt Plön mehr als 100 Reiherenten und andere Wasservögel tot aufgefunden worden.
Inzwischen ist bestätigt, dass die toten Tiere ebenfalls an der Vogelgrippe erkrankt waren. Das Land hat nun vorsorglich eine Stallpflicht für Geflügel angeordnet. Bereits als H5N8 im September in Russland auftauchte, warnten Experten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) eindringlich davor, dass sich der Erreger wieder über Zugvögel ausbreiten könne. Entlang der Flugroute von der südsibirischen Republik Tyva, in den Nahen Osten, nach Osteuropa und selbst nach Westafrika sollten alle Länder in Alarmbereitschaft sein, so die Fachleute.
Ausbrüche werden spät bemerkt
Das tückische an dem Virus ist, dass er für wildlebende Wasservögel nicht immer tödlich endet und in vielen Fällen sogar symptomlos verläuft. Der Ausbruch dieser Vogelgrippe wird deshalb oft erst spät erkannt: Dann, wenn er auf domestiziertes Geflügel wie Hühner überspringt. Verbreitet sich das Virus unter Hühnervögeln, ist es für diese Tiere jedoch fatal: Sie macht H5N8 schwer krank und viele der infizierten Vögel sterben.
Außerdem ist das Virus sehr ansteckend und verbreitet sich schnell. In landwirtschaftlichen Betrieben, in denen der hochpathogene Erreger grassiert, müssen deshalb mitunter alle Tiere vorsorglich getötet werden.
Für Menschen ungefährlich
Auch Menschen können sich theoretisch bei infiziertem Geflügel mit H5N8 anstecken – diese Möglichkeit besteht bei allen Formen aviärer Influenza-Viren. Während Menschen bereits an Erregern wie H7N9 erkrankt und auch gestorben sind, ist für H5N8 weltweit bisher jedoch kein einziger solcher Fall bekannt.
Tatsächlich sind sich Wissenschaftler bislang uneinig darüber, wie hoch das Risiko ist, dass das Virus durch Mutationen ansteckend für den Menschen wird. Selbst die Übertragung vom Vogel auf einen Menschen bedeutet noch nicht, dass das Influenza-Virus die Artschranke überwunden hat: Dies wäre erst dann der Fall, wenn es von Mensch zu Mensch übertragbar ist und sich im Menschen gut vermehren kann. Dieser Sprung kann erfolgen, wenn H5N8 oder ein anderes Vogelgrippe-Virus mit Influenzaviren in Kontakt kommt, die bereits Epidemien beim Menschen auslösen können.
Einige Vorsichtsmaßnahmen können dennoch nicht schaden: Experten raten dazu, tote Wasservögel am besten nicht anzufassen und entdeckte Kadaver dem Ordnungsamt zu melden. Außerdem sollte man Geflügelmärkte in jenen Gebieten meiden, in denen gerade eine Vogelgrippe vorkommt.
(Science Media Center Germany, 09.11.2016 – DAL)