Mini-Empfänger im Atommaßstab: Forscher haben das kleinste Radio der Welt konstruiert. Seine Empfangseinheit besteht aus einem Stickstoffatom nebst benachbarter Lücke in einem rosafarbenen Diamantkristall. Das Atomradio ist nicht nur winzig, sondern auch extrem robust: Es spielt Musik selbst bei 350 Grad Hitze oder im Vakuum des Alls, wie die Forscher im Fachmagazin „Physical Review Applied“ berichten.
Diamanten sind nicht nur begehrte und wertvolle Edelsteine, sie haben auch besondere elektrophysikalische Eigenschaften – unter anderem durch die in ihrem Kohlenstoffgitter eingestreuten Fremdatome. Sogenannte Doppelfehlstellen, bestehend aus einem Stickstoffatom und einer benachbarten Leerstelle im Gitter, lassen sich beispielsweise als Sensoren und vielleicht sogar als Datenspeicher für Quantencomputer nutzen.
So funktioniert der Atom-Empfänger
Eine solche Doppelfehlstelle im Diamant haben Linbo Shao von der Harvard University und seine Kollegen nun in ein Radio im Miniaturmaßstab umgewandelt. Dafür regten die Forscher eine solche Fehlstelle aus Stickstoff und Lücke zunächst mit einem grünen Laser an. Dadurch werden die Elektronen an der Doppelfehlstelle sensibel für elektromagnetische Felder, darunter auch Radiowellen.
Wenn die Fehlstelle Radiowellen empfängt, beispielsweise die Signale eines Songs, dann konvertiert es diese in Photonen roten Lichts, die es abstrahlt. Eine Photodiode fängt diese optischen Signale des Mini-Radios auf und wandelt sie in Strom und über einen Lautsprecher in Ton um. Mit Hilfe eines am Diamant angelegten Magnetfelds kann die Empfangsfrequenz über eine Bandbreite von 300 Megahertz eingestellt werden – es dient damit als Senderwahl.
Funktioniert noch bei 350 Grad Hitze
„Unsere Experimente zeigen, dass dieses Diamantradio bei einer Bandbreite von 91 Kilohertz ein highfidelity Audiosignal empfangen kann“, berichten die Forscher. Selbst eine einzige Doppelfehlstelle konnte im Test einen Song empfangen und an den Lautsprecher übertragen. Koppelt man viele solcher Atomradios zusammen, verstärkt sich das Signal.
Das neue Radio ist aber nicht nur winzig klein, es ist auch extrem robust, wie die Forscher demonstrierten. Selbst als sie ihren Diamantempfänger auf 350 Grad aufheizten, funktionierte es noch. Und auch das Vakuum des Weltraums oder Wasser schaden ihm nicht. „Diamant hat diese einzigartigen Eigenschaften“, sagt Koautor Marko Loncar von der Harvard University.
Das Mini-Radio könnte daher sogar in einer Raumsonde auf der Venus oder in anderen harschen Umgebungen noch arbeiten. „Dieses Radio würde sogar im menschlichen Körper funktionieren, denn Diamanten sind biokompatibel“, erklärt Loncar. (Physical Review Applied, 2016; doi: 10.1103/PhysRevApplied.6.064008)
(Harvard School of Engineering and Applied Sciences, 19.12.2016 – NPO)