Folgenreiches Schlemmen: Die Festtags-Pfunde lagern sich nicht nur auf den Hüften, sondern auch auf unserer DNA ab. Wenn wir Übergewicht haben, führt dies zu epigenetischen Veränderungen an fast 200 Stellen des Erbguts, wie eine Studie enthüllt. Dieses Muster der Anlagerungen beeinflusst das Ablesen unserer Gene und damit auch unsere Gesundheit.
Unsere Gene haben wir von unseren Eltern geerbt, unser ganz persönlicher DNA-Code verändert sich im Laufe des Lebens kaum. Anders ist dies mit Anlagerungen an unserer DNA, die die Aktivität der Gene beeinflussen. Dieses Epigenom wird stark durch unseren Lebensstil geprägt – sei es durch die Ernährung, durch das Rauchen, Bewegung oder andere Umwelteinflüsse.
Fahndung in mehr als 10.000 Blutproben
Bisher kaum untersucht wurde jedoch, ob und wie sich das Epigenom durch Übergewicht verändert. „Dabei ist die Frage bei schätzungsweise eineinhalb Milliarden übergewichtigen Menschen weltweit durchaus relevant“, sagt Erstautorin Simone Wahl vom Helmholtz Zentrum München. „Vor allem wenn man weiß, dass Übergewicht zu Folgeerscheinungen wie Diabetes, Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen führen kann.“
Um mehr darüber zu erfahren, analysierten die Forscher Blutproben von mehr als 10.000 Frauen und Männern aus verschiedenen Teilen Europas. Sie verglichen dabei die epigenetischen Anlagerungen von Methylgruppen am Erbgut von Menschen mit erhöhtem Body-Mass-Index (BMI) und mit Normalgewicht. Ihre Studie ist die bisher weltgrößte zu diesem Thema.
200 Veränderungen
Das Ergebnis: Übergewicht beeinflusst das Epigenom stärker als gedacht. Bei Menschen mit erhöhtem BMI fanden die Forscher an fast 200 Stellen des Erbguts epigenetische Veränderungen. Wie zusätzliche Tests ergaben, war ein Großteil dieser Veränderungen tatsächlich eine Folge des Übergewichts und nicht dessen Ursache.
„Signifikante Veränderungen fanden vor allem an Genen statt, die für den Fettstoffwechsel sowie für Stofftransport zuständig sind, aber auch Entzündungsgene waren betroffen“, erklärt Harald Grallert vom Helmholtz Zentrum München. Weiterhin konnte das Team epigenetische Marker identifizieren, anhand derer sich das Risiko für einen Typ-2-Diabetes vorhersagen ließ.
„Unsere Ergebnisse erlauben neue Einblicke, welche Signalwege durch Fettleibigkeit beeinflusst werden“, sagt Christian Gieger. „Wir hoffen, dass daraus neue Strategien entstehen, wie man Typ-2-Diabetes und andere Folgen des Übergewichts vorhersagen und bestenfalls verhindern kann.“ Künftig wollen die Forscher untersuchen, wie sich die epigenetischen Veränderungen im Einzelnen auf die Aktivität der darunter liegenden Gene auswirkt. (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature20784)
(Helmholtz-Zentrum, 27.12.2016 – NPO)