Sonnensystem

Rätselhafte Riesenwelle auf der Venus

Gewaltiger Gasbogen reicht von einem Pol zum anderen

Wie ein gigantischer Bogen spannte sich die seltsame Struktur von einem Pol der Venus zum anderen © Planet-C

Mysteriöser Bogen: Im Jahr 2015 bildete sich in der Atmosphäre der Venus eine ungewöhnliche und riesige Struktur. Der symmetrische Bogen aus wärmerem, hellerem Gas reichte von einem Pol des Planeten zum anderen, wie UV- und Infrarotdaten enthüllten. Das Seltsame daran: Obwohl in dieser Wolkenzone schnelle Winde wehen, blieb der Riesenbogen tagelang an fast der gleichen Stelle stehen. Über das Phänomen und seine möglichen Ursachen berichten Forscher nun im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Die Venus ist ein geheimnisvoller Planet, denn ihre gesamte Oberfläche liegt unter einem dichten Wolkenschleier verborgen. Erst Radar- und Infrarotmessungen zeigen Landschaftsformen wie Hochplateaus und Vulkane auf unserem glutheißen Schwesterplaneten. Aber auch die Venusatmosphäre gibt Rätsel auf. Denn die vermeintliche Einförmigkeit der Wolkenhülle wird manchmal von seltsamen Mustern gestört.

Ein Bogen von einem Pol zum anderen

Ein geradezu gigantisches Wolkenmuster haben nun Forscher in den Daten der japanischen Venussonde Akatsuki entdeckt. Im Infrarot- und UV-Licht wird ein gigantischer Bogen sichtbar: „Die bogenförmige Struktur reicht von der Nordpolarregion über den Äquator bis in die Südpolarregion“, berichten Tetsuya Fukuhara von der Rikkyo Universität in Tokyo. „Von einem Ende zum anderen ist dieser Bogen länger als 10.000 Kilometer.“

Wie die Messungen enthüllten, besteht der symmetrische Bogen aus einer Zone ungewöhnlich warmer Gase. Sie manifestiert sich auf Höhe der obersten Wolkenschichten des Planeten, wie die Forscher erklären. Die Raumsonde Akatsuki beobachtete den Bogen während der gesamten vier Tage, in denen sie die Venusatmosphäre vermaß. Als sie dann jedoch sechs Wochen später erneut nachschaute, war die Gasstruktur verschwunden.

Statisch über dem Hang des Hochlands

Und noch etwas Seltsames fiel an dem Riesenbogen auf: Er blieb über mehrere Tage fast bewegungslos an der gleichen Stelle der Venus stehen – obwohl starke Winde die restlichen Wolken in dieser Atmosphärenregion mit rund 100 Metern pro Sekunde vorantreiben. „Die bogenförmige Struktur aber blieb trotz dieser atmosphärischen Superrotation über mehrere Tage relativ fest an einer geografischen Position stehen“, berichten Fukuhara und seine Kollegen.

Die bogenförmige Schwerewelle lag mit ihrem Zentrum fast genau über dem Westrand des Hochlands Aphrodite Terra. Die blaue und glebe Linie zeigen die langsame Wanderung der Tag-Nacht-Grenze innerhalb der vier Beobachtungstage an. © Planet-C

Das Zentrum des Bogens lag demnach über den Westhang des Hochplateaus von Aphrodite Terra. Dieses Hochland erstreckt sich über ein Viertel des Venusäquators und bildet die größte und ausgedehnteste Erhebung des Planeten. Nach Angaben der Forscher liegt das Zentrum des Atmosphärenbogens rund 15 Grad westlich der höchsten Erhebung dieses Hochlands.

Ausbreitung eigentlich unmöglich

Wie aber ist dieser Riesenbogen entstanden? Die quasi statische Lage des Wolkenbogens könnte dafür den entscheidenden Hinweis liefern, wie die Forscher berichten. Denn sie vermuten, dass starke Aufwinde am Hang des Hochlands Gase nach oben transportieren. Dieser Aufstrom wiederum erzeugt eine atmosphärische Schwerewelle – eine Zone dichterer Gase, wie sie auch in der Erdatmosphäre über Gebirgen entstehen kann.

Dass es solche Schwerewellen auf der Venus gibt, hatten bereits die letzten Daten der ESA-Raumsonde Venus Express im Jahr 2016 enthüllt. Aufgrund der sehr speziellen Windbedingungen in der unteren Atmosphäre des Planeten hielt man es bisher aber für eher unmöglich, dass Berge solche Schwerewellen verursachen können.

„Die Konvektion in den statischen Schichten zwischen den unteren Wolken und der Oberfläche verhindert normalerweise die Ausbreitung der Schwerewellen“, erklären Fukuhara und seine Kollegen. „Wir vermuten daher, dass die Winde in der niedrigeren Atmosphäre räumlich oder zeitlich variabler sind als man bisher angenommen hat.“ Weitere Beobachtungen und Atmosphärenmodellierungen müssen nun zeigen, wie genau der rätselhafte Riesenbogen entstanden sein kann. (Nature Geoscience, 2017; doi: 10.1038/ngeo2873)

(Nature, 17.01.2017 – NPO)

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