Ein ursprünglich aus dem Dornhai stammender Naturstoff kann die für Parkinson typischen Ablagerungen in Hirnzellen verhindern, wie erste Tests in Zellkulturen zeigen. Das Squalamin besetzt Bindungsstellen für das Protein Alpha-Synuclein, hindert es am Verklumpen und mindert seine Giftwirkung. Sollte sich diese Wirkung in weiteren Tests bestätigen, könnten das Squalamin oder ein verwandter Wirkstoff zumindest einige Symptome von Parkinson lindern helfen, sagen die Forscher.
Ähnlich wie bei Alzheimer sind auch bei Parkinson Proteinablagerungen am Zellensterben im Gehirn beteiligt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Alpha-Synuclein, ein Protein, das unter normalen Umständen den Transport von Botenstoffen in de Synapsen des Gehirns unterstützt. Bei Parkinson jedoch sind diese Proteine teilweise fehlgefaltet. Binden sie an die Membran der Synapsenbläschen, entstehen dort klumpige Ablagerungen und es werden neurotoxische Partikel erzeugt.
Wirkstoff aus dem Dornhai
Doch ein schon seit 1990er Jahren bekannter Naturstoff könnte sich nun als Helfer gegen diese Verklumpungen erweisen. Denn wie Michele Perni von der Cambridge University und seine Kollegen herausfanden, kann das Squalamin die Verklumpung der Alpha-Synucleine verhindern und wirkt auch gegen die freigesetzten Toxine.
Das Squalamin ist ein Steroid, das ursprünglich beim Dornhai (Squalus acanthias) entdeckt wurde, aber auch schon synthetisch herstellbar ist. Es wirkt antibiotisch, soll Viren lahmlegen und wird in Studien auch als mögliches Mittel gegen Krebs getestet. Perni und seine Kollegen haben nun in Zellkulturen und an Fadenwürmern untersucht, ob Squalamin auch die fehlerhafte Reaktion des Alpha-Synucleins unterbinden kann.
Mindert Verklumpungen und Giftwirkung
Es zeigte sich: Ist Squalamin präsent, verdrängt es das Alpha-Synuclein von den Bindungsstellen der Synapsenbläschen. Das Protein kann sich dadurch nicht in Massen anlagern und auch keine Verklumpungen bilden. „Das Squalamin hindert das Alpha-Synuclein an der Fehlfunktion, indem es im Prinzip dessen Bindung an die Membranen normalisiert“, erklärt Pernis Kollege Michele Vendruscolo.
Und noch etwas entdeckte die Forscher bei ihren Zellkulturversuchen: „Zu unserer Überraschung fanden wir Belege dafür, dass das Squalamin nicht nur die Bildung der für Parkinson typischen toxischen Ablagerungen bremst, es macht sie auch weniger toxisch“, berichtet Koautor Christopher Dobson von der Cambridge University. In einem Versuch mit Fadenwürmern verhinderte eine orale Gabe von Squalamin die normalerweise durch Alpha-Synuclein verursachten Lähmungen.
„Noch ganz am Anfang“
„Dies ist ein ermutigender Schritt vorwärts auf unserer Suche nach potenziellen Mitteln gegen Parkinson“, sagt Vendruscolo. „Sollten weitere Tests erfolgreich verlaufen, könnte es sein, dass aus dem Squalamin ein Wirkstoff entwickelt werden kann, der zumindest einige Symptome der Parkinson-Erkrankung verhindert.“
Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg, wie auch die Forscher einräumen. Denn weitere Studien müssen nun erst klären, ob das Squalamin oder ein aus ihm entwickelter Wirkstoff überhaupt beim Menschen ins Gehirn gelangt und dort wirkt, wo er soll. „In vieler Hinsicht liefert uns das Squalamin eher eine Spur als schon ein definitives Mittel“, erklärt Dobson. Dennoch ist ein erster Test mit Parkinson-Patienten in den USA schon in Planung. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2017; doi: 10.1073/pnas.1610586114)
(St John’s College, University of Cambridge, 17.01.2017 – NPO)