Psychologie

Und sie lächelt doch

Mona Lisas Mimik ist offenbar eindeutiger als gedacht

Das berühmteste Lächeln der Welt: die Mona Lisa von Leonardo da Vinci © historsich / Louvre

Froh oder traurig? Das geheimnisvolle Lächeln der Mona Lisa gilt als Paradebeispiel für eine mehrdeutige Mimik. Jetzt jedoch belegt ein Experiment: Nahezu alle Betrachter deuteten das Lächeln als Ausdruck der Freude – zur Überraschung der Forscher. Als uneindeutig wurden dagegen manipulierte Varianten des Gemäldes eingestuft, bei denen die porträtierte Schöne ihre Mundwinkel stärker nach unten zieht.

Die Mona Lisa von Leonardo da Vinci ist eines der berühmtesten Gemälde der Welt. Einen Teil seiner geheimnisvollen Aura verdankt es dabei der speziellen Maltechnik des Künstlers, bei der Licht und Schatten zu verschwimmen scheinen. Für Rätselraten sorgte aber auch die Mimik der dargestellten Frau: Lächelt sie oder nicht? Das Halblächeln der Gioconda gilt heute geradezu als Paradebeispiel für mehrdeutige Mimik – und als ein Grund für die Faszination dieses Bildes.

Doch wie mehrdeutig ist der Gesichtsausdruck der Mona Lisa wirklich? Um das herauszufinden, haben Jürgen Kornmeier von der Universität Freiburg und seine Kollegen untersucht, wie Menschen die Mimik der geheimnisvollen Schönen tatsächlich einstufen. Dafür präsentierten sie Probanden das Original-Gemälde sowie je vier manipulierte Bildvarianten, bei denen die Mundwinkel leicht nach oben oder unten verschoben wurden. Per Klick gaben die Testpersonen jeweils an, ob sie es als fröhlich oder traurig wahrnahmen, und wie sicher sie sich bei ihrer Antwort waren.

Eindeutig ein Lächeln?

Das überraschende Ergebnis: In nahezu 100 Prozent der Fälle ordneten die Teilnehmer das Original sowie alle positiveren Varianten klar als fröhlich ein. „Es war für uns eine große Überraschung, dass die Original-Mona Lisa fast immer als fröhlich wahrgenommen wird. Das widerspricht der gängigen Meinung der Kunstgeschichte“, sagt Kornmeier. Als uneindeutig bewerteten die Probanden dagegen die Bilder, bei denen die Mundwinkel der Mona Lisa ein wenig nach unten verschoben worden waren.

Bedeutet dies nun, dass die Mona Lisa gar nicht so mysteriös dreinschaut, wie man ihr nachsagt? Zumindest was die Frage ob froh oder traurig angeht, vielleicht schon. Aber: „Wir haben unseren Fokus auf nur eine emotionale Dimension beschränkt – froh oder traurig“, so Kornmaier und seine Kollegen. „Aber der Raum der Gefühle und emotionalen Gesichtsausdrücke hat natürlich mehr Dimensionen, die zur Uneindeutigkeit von Mona Lisas Mimik beitragen können.“

Interpretation ist kontextabhängig

Interessant auch: Wie wir eine Mimik einschätzen, hängt auch vom Kontext ab, wie ein zweites Experiment ergab. Wurde die Mona Lisa nicht mehr mittig zwischen fröhlicheren und traurigen Bildvarianten gezeigt, sondern als fröhlichstes von acht Varianten, dann verschob sich die Wahrnehmung der Teilnehmer.

Sie bewerteten das Original zwar immer noch als klar fröhlich, stuften aber einige im ersten Versuch noch als mehrdeutig bewertete Varianten nun als traurig ein. „Die Daten zeigen, dass unsere Wahrnehmung, etwa ob ein Gesicht traurig oder fröhlich ist, nicht absolut ist, sondern sich erstaunlich schnell an die Umwelt anpasst“, sagt Kornmeier.

Und noch etwas ergaben die Versuche: Die Reaktionszeiten der Teilnehmer unterschieden sich je nach Gesichtsausdruck des zu bewertenden Bildes: Sie erkannten fröhliche Gesichtsausdrücke schneller als traurige. „Es scheint, als hätten wir einen Filter für positive Gesichtsausdrücke in unserem Gehirn“, sagt Kornmeier. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/srep43511)

(Universitätsklinikum Freiburg, 13.03.2017 – NPO)

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