Mysteriöser Wechsel: In den Seen des Saturnmonds Titan gibt es Inseln, die manchmal sichtbar sind, dann aber wieder verschwinden. Das Rätsel um diese „magischen“ Gebilde könnten NASA-Forscher jetzt gelöst haben. Denn ihre Experimente legen nahe, dass sich in den Seen aus Ethan und Methan sprudelnde Stickstoff-Blasen bilden können. Das Gas tritt immer dann aus, wenn sich die Temperaturen oder die Kohlenwasserstoff-Mischung des Sees ändern.
Der Saturnmond Titan ist eine faszinierende Welt. Denn er besitzt wie die Erde Vulkane, Dünen und auch Canyons. Doch in seinen Seen und Flüssen fließen statt Wasser eiskaltes Ethan und Methan. Auch der Regen, die Wolken und das Eis auf dem Titan bestehen aus Kohlenwasserstoffen.
Verschwindende Inseln
Und noch etwas Seltsames haben Aufnahmen der NASA-Raumsonde Cassini enthüllt: „magische“ Inseln. Bei einigen Überflügen über die großen nördlichen Seen des Saturnmonds waren inselartige Bereiche in der stark reflektierenden Flüssigkeit der Seen zu erkennen. In einem Fall tauchte eine solche Insel sogar mehrfach wieder auf, nachdem sie zwischendrin verschwunden war.
Woraus diese rätselhaften „Inseln“ bestehen und warum sie nur manchmal zu sehen sind, darüber rätseln die Planetenforscher schon seit längerem. Eine mögliche Erklärung wären Eisschollen. Doch weil Ethan und Methan im gefrorenen Zustand dichter und schwerer sind als im flüssigen, müsste Kohlenwasserstoff-Eis eigentlich auf den Grund der Seen sinken und dürfte nicht schwimmen.
Sprudelnde Gasblasen
Jetzt könnten Michael Malaska vom Jet Propulsion Laboratory der NASA und seine Kollegen eine Erklärung für die „magischen“ Inseln gefunden haben. Möglicherweise stecken große Flächen sprudelnder Gasblasen hinter diesen rätselhaften Erscheinungen. Neue Daten der Raumsonde Cassini zeigen, dass die Zusammensetzung der Flüsse und Seen auf dem Titan variiert: In einigen Gewässern gibt es mehr Ethan, in anderen mehr Methan.
Diese verschiedenen Kohlenwasserstoff-Mischungen treffen an Flussmündungen oder bei starken Regenfällen aufeinander – und das hat Folgen. Denn in den flüssigen Kohlenwasserstoffen des Titan ist immer auch ein wenig Stickstoff gelöst, wie die NASA-Forscher erklären. „Wenn sich aber ethanreiche und methanreiche Flüssigkeiten mischen, kann der Stickstoff weniger gut in Lösung bleiben“, so Malaska. „Das Ergebnis sind Blasen – viele Blasen.“
Ausgast aus dem Ethaneis?
Wie stark der Stickstoff in solchen Fällen ausgast, haben die NASA-Forscher im Labor getestet. Dafür bauten sie einen Titansee im Minimaßstab in einer Kühlkammer nach und veränderten die Temperaturen im Raum. Es zeigte sich: Steigt die Temperatur über eine gewisse Schwelle oder wird die Zusammensetzung der Flüssigkeit verändert, gast der Stickstoff aus und der See beginnt zu sprudeln.
Aber auch eine Abkühlung des Sees kann eine Ausgasung hervorrufen: Kühlt der Titansee so weit ab, dass sich Ethaneis bildet, gast der Stickstoff ebenfalls verstärkt aus, wie die Forscher beobachteten. Weil das Ethaneis am Grund der Seen liegt, steigen die Gasblasen auf und bilden an der Oberfläche sprudelnde Blasenfelder. „Dank dieser Arbeiten sind wir nun ziemlich sicher, dass sich in den Titanseen Blasenfelder bilden können – sie sind wahrscheinlich häufiger als wir bisher dachten“, sagt Jason Hofgartner vom JPL.
Ob die „magischen“ Inseln tatsächlich aus solchen Blasenfeldern bestehen oder vielleicht sogar ganze Eisschollen vom Gas an die Seeoberfläche getragen werden, könnte sich in wenigen Wochen klären. Denn am 22. April wird die Cassini-Sonde ihren letzten nahen Vorbeiflug am Titan absolvieren. Die dabei erstellten Radarbilder könnten Details der rätselhaften Inseln enthüllen – und beispielsweise zeigen, ob sie fest oder sprudelig sind.
(NASA, 17.03.2017 – NPO)