Lange Tradition: Fake News sind keine Erfindung der Neuzeit – im Gegenteil. Schon vor mehr als 4.000 Jahren wurde in großem Stil gelogen. In Krieg und Politik bog man sich schon damals die Fakten so zurecht, dass sie die eigene Position stärkten. Auch im Mittelalter und selbst im Zeitalter der Aufklärung waren Fake News ein gängiges Manipulations-Instrument der Mächtigen.
Fake News und „alternative Fakten“ scheinen im Trend: Sie kursieren in den Filterblasen von Facebook und Co, agieren als Meinungsmacher auf Twitter und grassieren in der Politik. Doch gezielte Falschaussagen sind nichts Neues – auch früher schon wurde sie gezielt instrumentiert.
Falscher Sieg für den Pharao
Ein Beispiel ist Pharao Ramses II. – einer der berühmtesten Herrscher des alten Ägypten. Als er im Jahr 1274 vor Christus gegen die Hethiter in den Krieg zog, erlitt der erfolgsgewöhnte König an der stark befestigten Hethiterstadt Kadesch eine schmähliche Niederlage. Doch nach Ägypten zurückgekehrt, verkündete Pharao kurzerhand seinen Sieg und lässt seine Sicht der Schlacht in einem Relief festhalten.
„Alternative Fakten“ machte sich auch die katholische Kirche im frühen Mittelalter zu Nutze: Sie berief sich auf eine Schenkungs-Urkunde, mit der der römische Kaiser Konstantin gut 400 Jahre zuvor den Päpsten Rom und große Teile Italiens zugesprochen haben soll. Die Urkunde war gefälscht, doch der angeblichen konstantinischen Schenkung verdankt die Kirche noch heute den Vatikan.
Blutrünstiges Gerücht
Eine Fake News mit fatalen Folgen brachte im Jahr 1475 ein Prediger der Franziskaner im italienischen Trient in Umlauf. Damals wurde ein zweieinhalb Jahre altes Kind vermisst – und Bernardino da Feltre lieferte in seinen Predigten die vermeintliche Erklärung dafür: Die Juden, so eiferte er, seien schuld, denn man wisse ja, dass sie kleine Kinder töten und zum Passaschfest deren Blut tränken.
Dieses Gruselmärchen verbreitete sich so schnell und wurde von so vielen Menschen für die Wahrheit gehalten, dass der Fürstbischof die Juden der Stadt einsperren und foltern ließ. Selbst als ein päpstlicher Legat aus Rom anreiste und die Geschichte als Fake News entlarvte, änderte dies nichts: Die Geschichte war zum Selbstläufer geworden. Jahrhunderte lang kursierte sie in antisemitischen Kreisen.
Bismarcks Trick
Seither hat sich am Erfolg von Fake News wenig geändert. Vor allem in der Politik und im Krieg wurden und werden gezielt Falschmeldungen in Umlauf gebracht – um den Gegner zu diskreditieren und die eigene Sache ins rechte Licht zu rücken.
Im Jahr 1870 nutzt der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck eine gezielte Verfälschung der Tatsachen, um das deutsche Kaiserreich in den Krieg mit Frankreich zu treiben. Er kürzt den Text der sogenannten Emser Depesche – eines Briefs der französischen Regierung an den deutschen Kaiser – so zusammen, dass es so scheint, als würde Frankreich ein Ultimatum stellen. Der manipulierte Text wird in der Presse veröffentlicht und lässt damit Frankreich als den Aggressor dastehen.
Falsche Zahlen zu Staatsfinanzen und den am vermeintlichen Defizit Schuldigen grassierten in den Jahren vor der französischen Revolution. Sogar Wissenschaftler wie Benjamin Franklin scheuten nicht davor zurück, sich für Fake News einspannen zu lassen. Er lancierte während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges eine erfundene Geschichte, nach der die mit den Briten verbündeten Indianerstämme gezielt und besonders blutrünstig Weiße auf Seiten der Revolution skalpieren würden.
Zeitungen als Gegengewicht
Die Schwemme der Fake News ließ erst etwas nach, als sich Ende des 19. Jahrhunderts im Journalismus so etwas wie ein Pressekodex etablierte. In den USA wurde die New York Times explizit mit dem Ziel neu lanciert, von nun an nur überprüfbare Fakten zu berichten. Andere Zeitungen schlossen sich an. Zwar gab es vor allem während der Weltkriege auch im seriösen Journalismus klare Rückfälle in Propaganda und Hetze, dennoch hat sich der Kodex bis heute gehalten.
In Zeiten des Internets allerdings haben es seriöse Medien zunehmend schwer, überhaupt durchzudringen und sich zu halten. Das Pew Research Center berichtete kürzlich, dass allein in den USA seit 2004 schon 100 Zeitungen eingestellt wurden, die Zahl der professionellen Reporter am Kapitol sank um 35 Prozent. Parallel dazu wächst der Einfluss von Blogs, Internetmagazinen und sozialen Medien.
(ZDF, Politico, 31.03.2017 – NPO)