Astronomie

Supernova mit Linseneffekt

Astronomen entdecken erste durch Gravitationslinse verstärkte Typ 1a-Supernova

Zum ersten Mal haben Astronomen eine Typ 1a-Supernova entdeckt, die von einer Gravitationslinse verzerrt und in vier Abbilder aufgespalten wird. © Joel Johansson

Spannende Entdeckung: Astronomen haben erstmals eine Supernova des Typs 1a in kosmischer Vergrößerung beobachtet – ihr Licht wird durch den Gravitationslinseneffekt einer Galaxie verstärkt und in vier Abbilder aufgespalten. Das Spannende daran: Diese Sternexplosionen gelten als „Standardkerzen“ des Kosmos. Ihr verzerrtes und verstärktes Abbild könnte nun eine genauere Kalkulation der kosmischen Expansion ermöglichen, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Eine Supernova des Typs 1a ereignet sich, wenn ein Weißer Zwerg in einem Doppelsternsystem explodiert. Dabei gibt er enorme Mengen an Strahlung ab, deren Helligkeit und Spektrum immer gleich sind. Das ermöglicht es Astronomen, die Entfernung solcher Sternexplosionen sehr genau zu bestimmen. Deshalb gelten Supernovae Typ 1a als wichtige „kosmische Messlatten“, durch die sich beispielsweise die Hubble-Konstante und damit das Tempo der kosmischen Expansion ermitteln lässt.

Zwei Messlatten kombiniert

Das ultimative Werkzeug für die kosmologische Entfernungsmessung wäre es jedoch, wenn eine solche Sternexplosion mit einer zweiten „Messlatte“ kombiniert wäre: einer Gravitationslinse. Bei diesem schon von Albert Einstein vorhergesagten Phänomen durchstrahlt das Licht einer fernen Quelle eine große Massenansammlung im Vordergrund – beispielsweise eine massereiche Galaxie.

Durch die Schwerkraft dieser Galaxie wird das Licht gebeugt und verstärkt, meist entstehen sogar mehrere Abbilder der fernen Lichtquelle. Weil ihr Licht dabei verschiedene lange Wege zurücklegt, lässt sich aus diesem Linseneffekt ebenfalls die Hubble-Konstante ermitteln. Würde man jedoch die intrinsische Helligkeit der Lichtquelle kennen, wie bei einer Supernova vom Typ 1a, wären noch genauere Messungen möglich. Bisher jedoch war es keine Astronomen gelungen, eine solche Kombination aufzuspüren.

Die Schwerkraft der Vordergrund-Galaxie verzerrt und verstärkt das Licht der Supernova. Dabei legt das Licht der Abbilder verschieden lange Strecken zurück. © ALMA (ESO/NRAO/NAOJ), L. Calçada / Joel Johansson

Supernova mit Linse

Jetzt jedoch haben Ariel Goobar von der Universität Stockholm und seine Kollegen genau diese Stecknadel im kosmischen Heuhaufen gefunden: eine Typ 1a-Supernova, die von einer Gravitationslinse verstärkt wird. Dies gelang ihnen mit Hilfe der automatischen Teleskope des Palomar Observatoriums in Kalifornien. Deren Weitwinkeloptiken scannen jede Nacht den Himmel nach Sternexplosionen und anderen kurzlebigen Ereignissen ab.

In den Aufnahmen vom 5. September 2016 stießen die Astronomen auf eine Sternexplosion, die auf den ersten Blick unauffällig erschien. Doch Spektralanalysen und nähere Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop enthüllten, dass es sich um eine rund vier Milliarden Lichtjahre entfernte Supernova vom Typ 1a handelt, die von einer schweren Galaxie in rund zwei Milliarden Lichtjahren Entfernung verzerrt wird.

Vier Abbilder einer Explosion

Das Spannende daran: Durch den Gravitationslinsen-Effekt wird die iPTF16geu getaufte Supernova in vier Abbilder aufgespalten. Für die Astronomen ist sie damit das optimale Werkzeug, um kosmische Entfernungen und die Expansionsrate zu ermitteln. „Zum ersten Mal eine vergrößerte Standardkerze mit multiplen Abbildern zu entdecken, ist ein großer Durchbruch“, sagt Goobar.

Position der Supernova iPTF16geu, Aufnahme der Linsengalaxie und der von ihr erzeugten Abbilder der Supernova (Ausschnitte) © Joel Johansson

Die Astronomen hoffen, dass ihr Fund nun dazu beitragen könnte, die rätselhafte Diskrepanz bei den bisher gemessenen Werten für die Hubble-Konstante zu klären. Denn Daten auf Basis der kosmischen Hintergrundstrahlung und Messungen an Supernovae, veränderlichen Sternen und Gravitationslinsen kommen bisher auf abweichende Werte.

Die Entdeckung solcher verstärkten Supernovae vom Typ 1a trägt aber auch dazu bei, das Phänomen der Gravitationslinsen und ihre Wirkung künftig besser zu verstehen. „Diese kosmischen Linsen ermöglichen es uns, die Struktur der Materie – sowohl der sichtbaren wie der Dunklen – in sonst nicht greifbaren Größenordnungen zu vermessen“, erklärt Goobar.

„Nadel im Heuhaufen“

Die Forscher hoffen nun, mit Hilfe der automatisierten Suche weitere Fälle solcher von Linsen verzerrten Typ1a-Supernovae zu finden – unter anderem, indem sie die gewaltigen Datenmengen der Teleskope mit speziellen Suchprogrammen durchforsten. „Wir vermuten, dass jeweils eine von 50.000 detektierten Sternexplosionen eine solche verzerrte Supernova vom Typ 1a ist“, sagt Koautor Peter Nugent vom Lawrence Berkeley National Laboratory.

„Die Entdeckung von PTF16geu ist wirklich wie der Fund einer Nadel im Heuhaufen“, ergänzt Rahman Amanullah von der Universität Stockholm. „Gleichzeitig verrät es uns wieder ein wenig mehr über das Universum und weckt einen ganzen Schwung neuer Fragen.“ (Science, 2017; doi: 10.1126/science.aal2729)

(Lawrence Berkeley National Laboratory/ California Institute of Technology, 21.04.2017 – NPO)

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