Chemie

Bildung von Wasserstoffbrücken beobachtet

Erstmals sahen Forscher beim "Brückenbau" zwischen Molekülen zu

Zwischen einem Propellan (rechts) und der mit Kohlenmonoxid funktionalisierten Spitze eines Rasterkraftmikroskops (links) bildet sich eine Wasserstoffbrücke aus. © Universität Basel, Departement Physik

Attraktive Annäherung: Verbindungen mit Wasserstoffatomen bilden oft Wasserstoffbrücken zu anderen Molekülen aus. Forschern ist es nun erstmals gelungen, die Entstehung dieser „lockeren“ Bindungen mithilfe eines Rasterkraftmikroskops experimentell an einem einzelnen Molekül zu untersuchen. In Zukunft könnte ihre Methode auch zur Identifizierung komplexer organischer Moleküle eingesetzt werden, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Advances“.

Ohne Wasserstoffbrücken-Bindungen ginge auf der Erde gar nichts: Nicht nur, dass beim Kochen das Wasser viel zu früh verdampfen und sich das Salz kaum noch lösen würde. Fast alle wichtigen Biomoleküle ordnen ihre langen Proteinketten mit Hilfe der Wasserstoffbrücken zu einer ganz spezifischen dreidimensionalen Struktur. Selbst die Stränge unserer DNA halten dank dieser besonderen Bindungsform zusammen. Es ist eine Kraft, die buchstäblich das Leben zusammenhält.

Doch wie funktioniert der Brückenbau im Reich der Moleküle? Im Wassermolekül und in den meisten anderen Molekülen sind die Wasserstoffatome leicht positiv geladen – Forscher sprechen von Partialladungen. Kommen sie in die Nähe von eher negativ geladenen Atomen, wie dem elektronenreichen Sauerstoffatom eines Wassermoleküls, so ziehen sich diese gegenseitig an wie zwei Magnete mit unterschiedlichem Pol: eine Wasserstoffbrücke entsteht.

Spitze aus CO-Molekül

Wissenschaftler um Shigeki Kawai von der Universität Basel haben die Wasserstoffbrücken-Bindung nun zum ersten Mal überhaupt mit dem Mikroskop beobachtet. Dies gelang ihnen mithilfe eines Rasterkraftmikroskops. Diese Mikroskope besitzen eine Art Tastarm, an dessen Unterseite eine winzige Spitze angebracht ist. Indem die Spitze über eine Oberfläche geführt wird, kann sie deren Beschaffenheit förmlich erfühlen.

Die Besonderheit bei Kawais Messaufbau: An der Spitze des Tastarms hatten die Forscher ein einzelnes Kohlenstoffmonoxid-Molekül festgefroren, indem sie die Temperatur auf etwa minus 268 Grad Celsius kühlten. Das Sauerstoffatom dieses CO-Moleküls ragte nach unten und bildete so das neue Ende der Spitze.

Annäherung der Atome

In ihrem Experiment steuerten die Forscher die Spitze über ein propellerartiges Molekül, das sie auf ihrem Objektträger fixiert hatten. Eines der drei Blätter dieses „Propellan“-Moleküls ragte von der Oberfläche des Objektträgers weg, streckte also seine äußeren Wasserstoffatome in Richtung Tastarm des Mikroskops.

Als die Wissenschaftler die Spitze des Mikroskoparms vorsichtig in Richtung des Propellans absenkten, konnten sie plötzlich die Anziehung zwischen dem Sauerstoffatom des CO-Moleküls und dem Wasserstoffatom des Propellans messen: Es war zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken gekommen, die sich untersuchen ließen.

Ergebnis passt zur Theorie

Wasserstoffbrücken sind deutlich schwächer als chemische Bindungen, aber sehr viel stärker als zwischenmolekulare Van-der-Waals-Bindungen. Die im Experiment ermittelte Anziehungskraft entspreche exakt den theoretischen Berechnungen, betonen die Wissenschaftler. Gleiches gelte für den gemessenen Abstand zwischen den Atomen. „Diese Technik besitzt das Potential, künftig auch zur Identifizierung von komplexeren großen Molekülen wie DNA oder Polymeren eingesetzt zu werden“, schließt Kawai. (Science Advances, 2017; doi: 10.1126/sciadv.1603258)

(Universität Basel, 15.05.2017 – CLU)

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