Und zum Dritten: Die Detektoren der LIGO-Kollaboration haben zum dritten Mal Gravitationswellen registriert. Die Erschütterungen der Raumzeit stammen von zwei Schwarzen Löchern, die in drei Milliarden Lichtjahren Entfernung verschmolzen sind. Das Spannende daran: Dies ist nicht nur ein Entfernungsrekord, erstmals liefern die Signale auch Informationen darüber, wie es zur Kollision der Schwarzen Löcher gekommen sein könnte.
Als die Forscher der LIGO-Kollaboration am 11. Februar 2016 den ersten Nachweis von Gravitationswellen verkündeten, läuteten sie damit eine neue Ära der Astronomie ein. Denn diese Beben der Raumzeit liefern Einblicke in die „dunkle Seite“ des Kosmos – Vorgänge, die mit herkömmlichen Methoden nicht beobachtbar sind, weil sie beispielsweise keine Strahlung aussenden.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man Gravitationswellen verlässlich und wiederholt einfangen kann. Darauf ließ bereits im Juni 2016 ein zweites Signal hoffen. Jetzt hat ein dritter Nachweis von Gravitationswellen durch die beiden Detektoren der LIGO-Kollaboration dies bestätigt.
Raumzeit bebte 920 Millisekunden lang
Am 4. Januar 2017 um 11:11:58 unserer Zeit registrierten die beiden LIGO-Detektoren das neue Signal. Das Beben der Raumzeit stauchte den Untergrund und brachte die Laserstrahlen der Messstrecken aus dem Takt. Die Schwingungen hielten rund 920 Millisekunden an und durchliefen dabei 29 Wellenzyklen, wie die Forscher berichten.
Aus den Merkmalen des GW170104 getauften Signals schließen die Wissenschaftler, dass die Quelle dieser Gravitationswellen rund drei Milliarden Lichtjahre von uns entfernt liegt. Dies ist gut doppelt so weit wie bei den ersten beiden Nachweisen – und damit bisheriger Entfernungsrekord. Obwohl das neue Signal entsprechend schwächer war, konnten die LIGO-Observatorien es detektieren – auch weil Laser und Optiken für die aktuelle Laufzeit verbessert wurden.
Neue Klasse Schwarzer Löcher
Wie schon zuvor stammen auch diese Gravitationswellen aus der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher. Aus einem Schwarzen Loch mit 31 Sonnenmassen und einem mit 19 Sonnenmassen entstand ein neues Schwarzes Loch mit 49 Sonnenmassen. Damit liegt es genau in der Lücke zwischen den beiden zuvor registrierten Ereignissen dieser Art, wie die Forscher berichten.
„Dies bestätigt erneut, dass es stellare Schwarze Löcher von mehr als 20 Sonnenmassen tatsächlich gibt“, sagt David Shoemaker, Sprecher der LIGO-Kollaboration. „Denn bevor LIGO die ersten Gravitationswellen detektierte, wussten wir gar nicht, dass es diese Klasse von Schwarzen Löchern gibt.“
Wie kam es zur Kollision?
Spannend auch: Die neuen Signale liefern erstmals Hinweise darauf, wie es zur Kollision der beiden Schwarzen Löcher gekommen sein könnte. Denn aus den Gravitationswellen lässt sich auf die Rotation der beiden Schwarzen Löcher kurz vor ihrer Verschmelzung schließen. Demnach rotierte eines der beiden Schwarzen Löcher nicht in die gleiche Richtung wie das Gesamtsystem. „Die beiden Schwarzen Löcher könnten sich sogar in entgegengesetzte Richtungen gedreht haben“, sagt Susan Scott von der Australian National University.
Das jedoch verrät, welche der beiden konkurrierenden Theorien zur Bildung solcher Paare aus Schwarzen Löchern zutreffen könnte. Einer Theorie nach könnten die Schwarzen Löcher gemeinsam entstanden sein, indem beide Partner eines Doppelsterns explodierten und zwei einander umkreisende Schwarze Löcher schufen. In diesem Falle müssten beide Partner in die gleiche Richtung rotieren.
Der zweiten Theorie nach sind solche Schwarzen Löcher unabhängig voneinander entstanden, wurden dann aber später im Gedränge eines Sternenhaufens enger zusammengeschoben. In diesem Falle könnte auch die Ausrichtung ihrer Rotationsachsen völlig unterschiedlich sein.
Vom Sternenhaufen zusammengedrängt?
Genau das könnte LIGO nun bei GW170104 erstmals nachgewiesen haben. „Wir haben jetzt zum ersten Mal einen Beleg dafür, dass die Schwarzen Löcher vielleicht nicht gleich ausgerichtet sind“, sagt Bangalore Sathyaprakash von der Pennsylvania State University. „Das gibt uns einen ersten kleinen Hinweis darauf, dass solche gepaarten Schwarzen Löcher tatsächlich in dichten Sternenhaufen entstehen könnten.“
Die Astronomen hoffen, diese Vermutung durch weitere Nachweise solcher Ereignisse bestätigen zu können. Denn ja mehr Fälle verschmelzender Schwarzer Löcher sie mittels Gravitationswellen nachweisen und erforschen können, desto klarer wird das Bild darüber, wie es zu diesen kosmischen Kollisionen kommt.
Messungen bestätigen Einstein
Der neue Nachweis der Gravitationswellen stützt auch eine Vorhersage Albert Einsteins. Denn seine Allgemeine Relativitätstheorie postuliert, dass Licht in einem physikalischen Medium gestreut wird – je nach Wellenlänge breitet sich die Strahlung unterschiedlich aus. Bei Gravitationswellen jedoch darf dieser Streueffekt nach Einsteins Theorie nicht auftreten.
Tatsächlich haben die neuen LIGO-Messungen keine Hinweise auf eine solche Streuung der Gravitationswellen finden können. „Es sieht so aus, als wenn Einstein Recht hatte“, sagt Laura Cadonati vom Georgia Institute of Technology. „Denn selbst bei diesem neuen Ereignis, das doppelt so weit weg liegt wie die beiden ersten, sehen wir keine Abweichung von den Vorhersagen der Allgemeinen Relativität.“
Der dritte Nachweis von Gravitationswellen hat damit nicht nur deren Existenz bestätigt, sondern auch spannende neue Informationen geliefert. „LIGO etabliert sich damit als leistungsfähiges Observatorium für die dunkle Seite des Universums“, sagt David Reitze, Exekutivdirektor des LIGO Laboratoriums. „Wir hoffen, bald auch andere Arten von astronomische Ereignissen einfangen zu können, wie beispielsweise die heftige Kollision zweier Neutronensterne.“ (Physical Review Letters, 2017; doi: 10.1103/PhysRevLett.118.221101)
(LIGO Collaboration, Max-Planck-Gesellschaft, Massachusetts Institute of Technology, Australian National University, 02.06.2017 – NPO)